© DST e.V. – Dr. Rupert Henn

Aus unserem BLOG • Von David Haberle, innocam.NRW • Januar 2025

Vom Labor auf den Kanal: Nachbericht zum innocam.STAMMTISCH „Erprobung autonomer Systeme in der Schifffahrt

Passen zum Abschluss des Jahres 2024 kamen am 16. Dezember 24 Teilnehmende zum innocam.STAMMTISCH zusammen, um gemeinsam über das Thema „Erprobung autonomer Systeme in der Schifffahrt“ zu diskutieren. Eingeleitet wurde der Stammtisch durch einen Impulsvortrag zu „Smart Shipping“ von Dr.-Ing. Frédéric Kracht, Fachbereichsleiter Autonomes Fahren am Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e.V. (DST). Der Stammtisch widmete sich den spezifischen Herausforderungen des Verkehrsträgers Wasser und lieferte spannende Antworten auf die Fragen, wie Schiffe in Zukunft technologisch automatisiert werden können und wie der regulative Weg dahin aussehen könnte. Im Zuge der Diskussion wurden Erkenntnisse diskutiert, die auch auf andere Verkehrsträger übertragbar sind.

Herausforderungen und Chancen in der Schifffahrt

Dr.-Ing. Frédéric Kracht begann seinen Impulsvortrag mit der Darstellung der Ausgangslage in der Schifffahrt sowie den Chancen und Herausforderungen der Automatisierung auf dem Wasser. Er schloss einen detaillierten Überblick zu im Zielfeld liegenden relevanten Projekten des DST an. Allgemein wird dem Güterverkehr auf Wasserstraßen großes Potenzial zur Entlastung von Straße und Schiene zugeschrieben. Um das Potential der Entlastung von Straße und Schiene zu erschließen und den Trend zu kleineren Schiffen zu ermöglichen, müssen jedoch zum einen wirtschaftliche Faktoren berücksichtigt, zum anderen der damit einhergehende hohe Bedarf an Schiffsführenden gedeckt werden. Hier kann die automatisierte Schifffahrt anknüpfen und Antworten bieten, da durch AVM in der Schifffahrt perspektivisch der Personalbedarf und somit Kosten reduziert werden können. Als weitere Chance der Automatisierung führt Dr. Kracht die perspektivische Erhöhung des Sicherheitsniveaus an. Der flächendeckenden Ausbreitung dieser neuen Technologien steht jedoch unter anderem der lange Betrieb von Schiffen  im Wege.

Um die Automatisierung der Schifffahrt zu erproben und breitflächig zu ermöglichen, führt das DST bereits eine Reihe an Forschungsprojekten durch, die sowohl auf die Infrastruktur (dazu zählen Simulatoren, Testfelder und Schnittstellen, etwa in Häfen) als auch auf die Technologie an Bord und auf Demonstratoren abzielen. Genaueres über die unterschiedlichen Forschungsprojekte und die Forschungsstrategie des DST im Gesamten können Sie unter www.smartshipping.info nachlesen. Einige der Projektbeispiele stellten wir bereits detaillierter in unserem innocam.BLOG vor, so das Projekt FernBin und die Projekte ELLA, VeLABi und HaFoLa.

Versuchsschiff ELLA © DST e.V.

Diskussionsrunde zur Markteinführung

Die zentrale Frage der anschließenden Diskussion war: „Wie kann man die Einführung in der Breite ermöglichen?“. Ein wesentlicher Baustein zur flächendeckenden Ausbreitung liegt in einer förderlichen Regulatorik. Ein Vorteil ist, dass im Zuge der Förderung von Forschungsprojekten durch Land und Bund bereits konkrete Rahmenbedingungen für unterschiedliche Anwendungsfälle formuliert und festgelegt worden sind, aus denen in Zukunft effektiv regulative Bestimmungen abgeleitet werden können.

In der Durchführung der Forschungsprojekte beim DST wird laut Dr. Kracht beispielsweise sehr darauf geachtet, dass die Test-Cases modular zusammengefügt werden können und auf weiteren Wasserstraßen reproduzierbar sind. Da sich auf jeder Wasserstraße die Umstände unterscheiden, muss derzeit eine individuelle Risikobetrachtung in schifffahrtspolizeilicher als auch in technischer Hinsicht durchgeführt werden. Es müssen außerdem noch Ressourcen in die Definition und Formalisierung sensibler Situationen und in die Erarbeitung einheitlicher Regeln zum sicheren Verhalten auf Wasserstraßen investiert werden. Frédéric Kracht erläuterte auf eine konkrete Frage hin, dass beim DST daher die ganze Prozesskette von der Beladung, der regulären Fahrt bis zum Manövrieren in Schleusenanlagen und testet Szenarien wie den Ausfall bestimmter Geräte betrachtet wird.

Für die Automatisierung der Schifffahrt stellen sich einige Fragen, die analog auch bei anderen Verkehrsträgern gestellt werden: Wie auch für den Verkehrsträger Straße, ist die Einordnung der Automatisierungsstufen ähnlich und bereits relativ verbreiteter Konsens. Auch ob die Teleoperation eine Rückfalloption im Falle technischer Probleme darstellen kann, wird aktuell ähnlich wie im Straßen- und Schienenbereich auch in der Schifffahrt diskutiert. Eine weitere Gemeinsamkeit zeigt sich in der Diskrepanz zwischen dem Anspruch, die gleiche Sicherheit wie nicht-automatisierte Schiffe bieten zu müssen und der gesellschaftlichen Erwartungshaltung, einem noch höheren Sicherheitsniveau durch eine hohe Zahl an technologischen Systemen zu entsprechen.

Mit diesen Fragestellungen wie auch einer Vielzahl an weiteren Themen beschäftigt sich der innocam.NRW Arbeitskreis Wasser im Detail. Wenn Sie an einem Mitwirken am Arbeitskreis Wasser interessiert sind, wenden Sie sich gerne per E-Mail an melina.vogler@innocam.nrw .

Video-Mitschnitt des Vortrags

Sie haben ein anderes spannendes Projekt oder Studienergebnisse, die Sie gerne bei einem Stammtisch vorstellen möchten, oder Sie würden gerne mehr über ein Thema oder eine Fragestellung erfahren? Dann melden Sie sich einfach info@innocam.nrw, wir freuen uns über Vorschläge und Ideen!