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Projekt Smart.TRAM – Smartphone-basierte Gleisüberwachung für die digitalisierte Instandhaltungsplanung der Eisenbahninfrastruktur

Aus unserem BLOG • Von Nadine Teusler, innocam.NRW • Mai 2025

Am 29.04.2025 informierten sich rund 30 Teilnehmende im Rahmen des digitalen innocam.STAMMTISCHES über das durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr geförderte Projekt „Smart.TRAM – Smartphone-basierte Gleisüberwachung für die digitalisierte Instandhaltungsplanung der Eisenbahninfrastruktur“. Einen Impuls für die weitere Diskussion gaben Philipp Leibner und Jannik Goersch vom Institut für Schienenfahrzeuge der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen.

Herausforderungen und Motivation

Die Motivation zum Projekt leitet sich unter anderem durch den großen Sanierungsbedarf der Gleisanlagen in Deutschland und durch die geplante Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene ab. Damit steigt auch die Beanspruchung des Fahrwegs. Weitere Herausforderungen sind der Personalmangel u.a. in der Instandhaltung der Infrastruktur. Verzögerungen im Betriebsablauf durch Baustellen auf Straßen- und Eisenbahnstrecken und Straßen sowie ein allgemeiner Fachkräftemangel, welcher ebenfalls einen großen Einfluss auf die Instandhaltung ausübt. Lösungen bieten eine effiziente Planung von Instandhaltungsmaßnahmen, eine genaue Kenntnis über den Zustand der Infrastruktur sowie der Einsatz von Messfahrzeugen und Monitoringlösungen.

Projekt „Smart.TRAM“

Der zuverlässige Betrieb von schienengebundenen Verkehren hängt in hohem Maße von dem Zustand der Gleisinfrastruktur ab. Im Bereich des städtischen Nahverkehrs werden die aufwendigen Überprüfungen bisher hauptsächlich manuell durchgeführt. Die Kombination von nachrüstbaren mobilen Messsystemen und Datenplattformen bietet das Potenzial, diese Prozesse zu automatisieren sowie den Zustand besser analysieren und prognostizieren zu können, um so die Zuverlässigkeit des ÖPNV zu steigern.

Daraus leitet sich die Vision des Projektvorhabens ab, welche sich wie folgt zusammenfassen lässt:

  • Trams überwachen das Streckennetz im Fahrgastbetrieb.
  • Algorithmen erkennen und melden Defekte.
  • Die Kontinuierliche Überwachung erlaubt eine schnellere und effizientere Instandhaltung.

Das Projekt Smart.TRAM setzt sich zum Ziel, eine Lösung zur kontinuierlichen Überwachung von Fahrwegen zu erarbeiten. Im Vordergrund steht dabei die Entwicklung datengetriebener Verfahren zur Ermittlung der Gleisinfrastrukturqualität ohne die Installation von genehmigungspflichtiger Messtechnik am Fahrwerk von Regelzügen. Dabei spielt die hochgenaue Lokalisierung und Klassifikation von Schienenfehlern eine tragende Rolle.

Ableitungen von Fehlerprognosen werden dabei nicht aus Einzelmessungen, sondern aus einer kontinuierlichen Datenerhebung abgeleitet. Dadurch können Instandhaltungsmaßnahmen besser geplant und Instandhaltungskosten gesenkt werden.

Einsatz von Smartphones

Smartphones, die im Führerstand entsprechend platziert werden, sind dabei ausreichende IoT-fähige Sensorsysteme, ausgestattet mit Mikrofon, WiFi/4G/5G, Kamera, Umgebungsdruck messen können und vor allem als GNSS-Empfänger und Beschleunigungsaufnehmer dienen können. Für das Projekt selbst sind dabei vor allem die bestehenden Sensoren zur Beschleunigung, zu Drehraten und zur Positionsbestimmung relevant. Die Nutzung von Smartphones hat dabei neben klaren Vorteilen auch einige Nachteile.

Als Vorteile sind folgende Aspekte zu nennen:

  • Kostengünstig und schnell einsetzbar
  • Keine aufwendige Installation am Fahrwerk
  • Keine Genehmigungspflicht

Als nachteilig sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Geringere Sensorgenauigkeit und Abtastrate (ca. 100 Hz)
  • Nicht komplett autark (z. B. Aktivierung bei Fahrtbeginn durch den Fahrer)
  • Nicht zwangsläufig konsistent positioniert (z. B. abhängig vom Fahrzeugtyp)

Neben der kontinuierlichen Datenerfassung zum Infrastrukturzustand sind weitere Projektziele die Schaffung eines digitalen Zwillings, neue Algorithmen zur Auswertung der Daten zu erforschen und so frühzeitig Defekte im Schienennetz zu lokalisieren. Im Rahmen der nächsten Schritte werden die Ergebnisse unter anderem in einem Dashboard visualisiert. Zudem werden Tests zur Integration von Kameradaten durchgeführt, um potenziell zusätzliche Defekte zu identifizieren, die vorrangig visuell erkennbar sind, wie beispielsweise Schlaglöcher bei Straßenbahngleisen.

Aktuell sind zwei Smartphones kontinuierlich auf ausgewählten Strecken in Frankfurt im Einsatz. Die Fahrer starten die Aufnahme jeweils zu Beginn ihrer Schicht, wodurch seit Projektbeginn bereits etwa 1.000 Messungen erfasst wurden. Die Zuordnung der gewonnenen Daten zu den jeweiligen Linien erfolgt automatisiert, und die tägliche Auswertung gewährleistet eine kontinuierliche Analyse.

Eine besondere Herausforderung ist die Detektion im Tunnel. Aktuelle Arbeiten beleuchten diesen Aspekt, indem die aktuell befahrene Linie außerhalb des Tunnels erkannt wird und Stationshalte auf Basis von Vibrationsdaten erkannt werden. Darauf aufbauend können die Stationen im Tunnel zugeordnet werden und mittels Schätzung der Fahrgeschwindigkeit auch die Position zwischen den Strecken geschätzt werden. Dies geschieht aktuell mit einer Genauigkeit von 50-100 Metern.

Lessons Learned

Die sich aus dem Projekt bisher ergebenden Lessons Learned beziehen sich auf unterschiedliche Ebenen:

  1. GIS-Daten: Die Datengrundlage (u.a. Position von Weichen, Streckenverlauf, Linieninformationen) für das Projekt erfolgt aus öffentlich zugänglichen Daten (Open Street Map), die mit Betreiberdaten (GIS-Daten der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH zu bspw. Nummerierungen von Weichen und Kreuzungen) spezialisiert werden. Die Informationen in OpenStreetMap sind für den Anwendungszweck im Projekt nicht immer relevant (z.B. Kennung in OpenStreetMap als Übergang, ist aber eigentlich eine Weiche). Um dies zu lösen, wurde eine zusätzliche Funktion zum Finden von Weichen und Kreuzungen eingebettet.
  2. GIS-Daten: Die Positionen der Linienverläufe oder auch die Position der Weichen und Kreuzungen unterscheiden sich teilweise zwischen den Daten der Verkehrsgesellschaft und Open Street Map. Hier wurde im Projekt eine automatisierte Datenzuordnung entwickelt, die teils mit einer manuellen Korrektur optimiert wurde.
  3. Datenschutz: Durch die Einbindung von Kameradaten (Bildaufnahme im Führerstand mit Ausrichtung auf die Schiene und auf dem Dach mit Ausrichtung auf den Stromabnehmer) sind Personen oder Kennzeichen teils erkennbar. Das damit notwendig werdende Datenschutzkonzept nimmt starke Zeitressourcen in Anspruch und die damit verbundenen Aktivitäten sollten bereits sehr frühzeitig im Projekt angestoßen werden.
  4. Es gibt aktuell eine starke Zunahme von Monitoringlösungen, die aber nur selten mit Infrastrukturdaten verknüpft sind. Darüber hinaus ist eine sinnvolle Integration in die Instandhaltungsplanung noch teils unerforscht.

Weitere Informationen finden Sie auf der Projektseite der RWTH Aachen an dieser Stelle:

Smart.TRAM Projektseite

Allgemeine Informationen zum Institut für Schienenfahrzeuge

Das Institut für Schienenfahrzeuge teilt sich in die Forschungsgruppen Automatisierung, Fahrzeugdynamik und Fahrzeug- und Systementwicklung. Im Rahmen der Forschungsarbeiten ist eine Versuchshalle mit diversen Prüfständen vorhanden sowie eine Anbindung an das DB-Netz.

Video-Mitschnitt des Vortrags

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