Transport ist mehr als nur ein Mittel, um von A nach B zu kommen - es ist ein entscheidender Aspekt der Unabhängigkeit, der sozialen Integration und des Zugangs zu wichtigen Dienstleistungen. Für Menschen mit Behinderungen birgt die Verkehrswelt jedoch eine Reihe von Herausforderungen, die ihre Lebensqualität weiter einschränken können. Die aufkommende Fahrzeugautomatisierung bietet eine vielversprechende Möglichkeit, den Verkehr für Menschen mit Behinderungen zu revolutionieren. Der Weg zu einem barrierefreien, vernetzten und automatisierten Verkehr ist jedoch voller Herausforderungen. In diesem Artikel gehen wir auf die Probleme ein, mit denen Menschen mit Behinderungen heute konfrontiert sind, und zeigen, wie die Automatisierung von Fahrzeugen zu neuen Lösungen führen kann.
Aktuelle Herausforderungen im Verkehr für Menschen mit Behinderungen
Obwohl eine Behinderung nicht unbedingt bedeutet, dass eine Person nicht in der Lage ist, ein Auto zu fahren, sind viele Menschen mit Behinderungen aus wirtschaftlichen oder körperlichen Gründen auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. In einer Videodokumentation hat der WDR einen Rollstuhlfahrer auf seinem typischen Weg durch die Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln begleitet. Das Video zeigt, wie schwierig es für Menschen mit Bewegungseinschränkungen sein kann, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, und wie hart die Realität sein kann, mit einer Behinderung zu leben. Laut Europäischer Kommission ist eine der offensichtlichsten Barrieren für Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Verkehr die physische Unzugänglichkeit. Es gibt zwar Bemühungen, den öffentlichen Verkehr zugänglicher zu machen, aber viele Systeme sind immer noch unzureichend. Viele U-Bahnhöfe oder Bahnhöfe wurden gebaut, lange bevor Zugänglichkeit eine Priorität war. Daher kann es für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen schwierig sein, sich in öffentlichen Verkehrsmitteln zurechtzufinden .
Zusätzlich können existierende Rampen oder Aufzüge defekt sein, so dass Menschen, die keine Treppen steigen können, in eine schwierige Situation geraten, wie im WDR-Video, aber auch in der Publikation von König et al. (2021) deutlich wird. Auch Busse, Züge und Straßenbahnen können hohe Stufen oder schmale Einstiege haben, die das Einsteigen für Rollstuhlfahrende oder Menschen mit anderen Mobilitätshilfen erschweren oder unmöglich machen (Guillén et al., 2024). In solchen Fällen ist die behinderte Person in der Regel auf die Hilfe anderer Personen oder des Fahrpersonals angewiesen.
Ein weiterer Faktor kann sein, dass öffentliche Verkehrsmittel überfüllt sind und Menschen mit Behinderungen wenig Platz zum Manövrieren lassen. Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen oder geistige Behinderungen haben Schwierigkeiten, sich in solchen Umgebungen zurechtzufinden und es kann sein, dass die Plätze für Rollstuhlfahrer:innen besetzt sind (König et al., 2021). Hinzu kommt, dass öffentliche Verkehrsnetze oft nicht bis in ländliche oder weniger dicht besiedelte Gebiete reichen (Frank et al., 2021), was Menschen mit Behinderungen überdurchschnittlich hart treffen kann.
Diese Herausforderungen des “traditionellen” öffentlichen Personenverkehrs können Menschen mit Behinderungen isolieren und ihnen den Zugang zu wichtigen Dienstleistungen oder die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschweren.
Das Versprechen der Fahrzeugautomatisierung
Studien haben gezeigt, dass Menschen mit Behinderungen, insbesondere diejenigen, die nicht selbst Auto fahren können, das Potenzial von automatisierten Fahrzeugen zur Lösung ihrer Mobilitätsprobleme im Allgemeinen optimistisch einschätzen. Eine Umfrage von Cordts et al. (2021) ergab, dass die Mehrheit der Befragten mit körperlichen Behinderungen hofft, dass autonome Fahrzeuge sowohl im privaten als auch im öffentlichen Verkehr effizient eingesetzt werden können. Dieser Optimismus spiegelt die allgemeine Erwartung wider, dass autonome Fahrzeuge ihre Fähigkeit zur selbstgesteuerten Fortbewegung und damit ihre Lebensqualität verbessern könnten.
Die Perspektive von Menschen mit Behinderungen ist für die Entwicklung der Fahrzeugautomatisierung von zentraler Bedeutung, damit diese Technologie einen Beitrag zur Lösung ihrer Mobilitätsprobleme bieten kann. Trotz des allgemeinen Optimismus bringt die Vollautomatisierung auch Herausforderungen mit sich, insbesondere für Fahrgäste, die gefährdet sind oder Hilfe benötigen. In traditionellen öffentlichen Verkehrssystemen spielen Fahrer:innen und weiteres Personal eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung von Fahrgästen mit Behinderungen, sei es durch körperliche Hilfe, Anleitung oder einfach durch die Vermittlung eines Gefühls der Sicherheit. Der Wegfall des Fahrpersonals in vollautomatisierten Systemen kann eine Lücke in der Unterstützung dieser Fahrgäste hinterlassen und damit die Vorteile der Automatisierung konterkarieren (Millonig et al., 2018). Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, automatisierte Fahrzeuge und die dazugehörige Infrastruktur so zu gestalten, dass sie auch ohne menschliche Fahrer:innen angemessen unterstützt werden können. Escher et al. (2024) stellen dabei heraus, dass die Einbeziehung der übrigen Fahrgäste für einige Situationen eine Lösung sein kann, jedoch stark vom Kompetenzempfinden der unterstützenden Person abhängig ist.