Am 12. und 13. November 2025 fand der 11. Deutsche Mobilitätskongress im Kap Europa in Frankfurt statt. Unter dem Leitgedanken Branchenverbindend. Visionär. Zielgerichtet. vereinte der Kongress in diesem Jahr knapp 400 Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen der Verkehrswissenschaften, um gemeinsam an der Weiterentwicklung und Gestaltung der Mobilität der Zukunft mitzuwirken.
Bedeutung der Automatisierung und Vernetzung steigt - Internationale Perspektiven auf dem Mobilitätskongress
| Christian Frowein, innocam.NRW
Eröffnung
In einer für den Deutschen Mobilitätskongress vorbereiteten Aufzeichnung hob Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder hervor, wie wichtig eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren ist, um den Herausforderungen im Verkehrssektor effektiv zu begegnen. Dazu zählen unter anderem die Bereitstellung zuverlässiger Verkehrswege und der Abbau des Sanierungsstaus. In seiner Ansprache betonte er, dass das Auto ein unverzichtbarer Bestandteil des Mobilitätsmixes bleibt. Auch auf der Schiene werden Verbesserungen angestrebt: Die Bahn soll besser und zuverlässiger werden, und die Kundenzufriedenheit soll deutlich gesteigert werden. Laut dem Minister soll zudem das autonome Fahren in Deutschland weiter vorangetrieben werden, damit Deutschland in diesem Bereich zu einem Leitmarkt wird.
Die hessische Staatssekretärin Ines Fröhlich aus dem Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum betonte in ihrer Rede, es sei geplant, einen Großteil des Sondervermögens an die Kommunen weiterzugeben, und das ohne größere Hürden. So sollen die Kommunen dieses Geld sinnvoll und unkompliziert zur Verbesserung der Infrastruktur einsetzen können.
Impulse aus dem Bahnland – Die Schweiz als Gastland auf dem Deutschen Mobilitätskongress
Auf dem Deutschen Mobilitätskongress wurde in diesem Jahr die Schweiz als Gastland eingeladen. Laut einer vorgestellten Prognose geht man in der Schweiz davon aus, dass der öffentliche Verkehr stärker wachsen wird als der private. Dabei werden die Arbeitswege tendenziell abnehmen, während der Ausflugsverkehr zunimmt. Die Schweiz ist bekannt für ihre gut ausgebaute und zuverlässige Bahninfrastruktur. Mit einer Pünktlichkeit von durchschnittlich 94,5 % (weniger als drei Minuten Verspätung) auf einem der weltweit dichtesten Netze erreicht die Bahn Spitzenwerte. Zu diesem Erfolg trägt die Erhebung von Echtzeitdaten für Fahrzeuge und Infrastruktur wesentlich bei.
Doch auch wenn die Schiene ein wichtiger Verkehrsträger in der Schweiz ist, verliert man die Straße nicht aus dem Blick. Mit den Postautos soll ein neues, automatisiertes On-Demand-Angebot „AmiGo“ für den öffentlichen Verkehr geschaffen werden. Ab Dezember 2025 sollen hierzu erste Testfahrten mit Sicherheitsfahrern und Kartierungsfahrten stattfinden. Als Technologiepartner setzt das Projekt auf Apollo Go. Die Fahrzeuge sind für bis zu vier Fahrgäste ausgelegt; im Endausbau soll es 25 Fahrzeuge geben. Geplant ist, dass bei den Fahrzeugen Ridepooling eingesetzt wird, um die Strecken möglichst effizient zu gestalten. Anders als in Deutschland darf in der Schweiz im Rahmen einer Erprobungsgenehmigung auch ohne Sicherheitsfahrer gefahren werden; zudem darf für die Fahrten bereits in der Testphase ein Entgelt erhoben werden. Der Regelbetrieb ist ab 2027 geplant.
Automatisierung im Schienenverkehr
Zur Automatisierung im Schienenverkehr können zwei Ansätze hervorgehoben werden. Im Bereich Straßenbahn wurde mit dem Projekt AStriD (namensgebend) die Automatisierung von Straßenbahnen im Depot vorgestellt. Bei Straßenbahndepots kann von einem abgegrenzten Betriebsgelände ausgegangen werden, der nur durch eingewiesene Betriebsmitarbeitende betreten wird. Aufgaben wie die Abstellung oder das Bewegen des Fahrzeugs durch die Waschstraße wurden in diesem Projekt erfolgreich automatisiert. Fahrzeugführende, vom Fachkräftemangel betroffen, können dadurch statt im Depot vermehrt auf freier Strecke eingesetzt werden.
Die gastgebende Stadt Frankfurt verfügt in ihrem Stadtbahnnetz im Innenstadtbereich über vom Straßenniveau getrennte Gleiskörper in Tunneln. Diese Situation ist mit einer U-Bahn vergleichbar. Außerhalb der Innenstadt fahren die Linien der Stadtbahn dann im Mischverkehr mit Straßenfahrzeugen. In Frankfurt wird aktuell ein hybrides System aus CBTC (Communication-Based Train Control, Form der V2V- und V2I-Kommunikation) im Tunnelbereich und C-ITS (Cooperative Intelligent Transport Systems) im Mischverkehr auf der Straße projektiert. Auf diese Weise wird im Tunnel die Möglichkeit des automatischen Fahrens und insbesondere einer Takterhöhung um 25% realisiert. Der Fahrzeugführende bleibt dabei an Bord. Am Tunnelende übernimmt die Fahrerin die Steuerung, wobei durch das C-ITS-System im Mischverkehr weiterhin ein bedarfsoptimierter Verkehrsfluss sichergestellt werden soll.
Fazit
Die Veranstaltung hat gezeigt, dass die Motivation zur Vernetzung und Automatisierung im Verkehrssektor immer weiter an Relevanz gewinnt (z.B. durch mittelfristig zunehmenden Personalmangel bei Fahrzeugführenden). Eindrücklich wurden technische Fortschritte in außereuropäischen Ländern wie den USA und China dargelegt. Es wurde betont, dass Europa an diese Entwicklungen anknüpfen muss, um weiterhin wettbewerbsfähig zu sein.
Mit dem Thema der Automatisierungspotenziale, etwa mit Fokus auf dem urbanen Bereich, werden sich auch die innocam.NRW-Arbeitspakete im Jahr 2026 weiter befassen. Die gewonnenen Informationen und Eindrücke aus der Veranstaltung fließen zudem in die Planung der nächsten Veröffentlichungen ein.
Christian Frowein
Wissenschaftliche Mitarbeit und Arbeitskreis Schiene christian.frowein(at)innocam.nrw +49 241 80 25575