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3D-Stadtmodell mit Brücke über einen Fluss, Gebäuden und Bäumen, rechts mit farbigen Punktwolken überlagert, links realistische Darstellung.
© Projekt ADAM

Die Zukunft der unbemannten Luftfahrt - U-Spaces beim mPACT PulseTalk

| Nadine Teusler, innocam.NRW

Unter dem Titel „U-Spaces – Die Zukunft der unbemannten Luftfahrt“ beleuchtete der 23. mPACT-PulseTalk am 12.11.2025 aktuelle Entwicklungen der Luftmobilität mit Schwerpunkt auf einer sicheren und effizienten Luftraumnutzung durch innovative Technologien. Den fachlichen Impuls liefern Dr. Jan Dirks vom Bundesministerium für Verkehr (BMV) und Henri Meeß vom Fraunhofer IVI mit einem Kurzvortrag zum mFUND-Projekt ADAM.

Herr Dr. Dirks (BMV) gab einen Überblick über zentrale Entwicklungen und Konzepte der modernen Luftmobilität in Deutschland, darunter Advanced Air Mobility, U‑Spaces und die digitale Plattform dipul.

Advanced Air Mobility

Advanced Air Mobility (AAM) bezeichnet die Entwicklung, Integration und Nutzung neuartiger Luftfahrzeuge für den urbanen und regionalen Luftverkehr, insbesondere im niedrigen Luftraum. Ziel ist es, Güter und perspektivisch Personen schnell, effizient und umweltfreundlich über kurze bis mittlere Strecken zu transportieren.

Wichtige Merkmale von AAM:

  • Neue Luftfahrzeuge: Dazu gehören elektrische oder hybrid-elektrische Senkrechtstarter (eVTOLs), Drohnen für Lieferungen oder autonome Fluggeräte.
  • Urbaner und regionaler Luftverkehr: AAM konzentriert sich auf Städte und Ballungsräume, wo herkömmliche Verkehrsmittel an ihre Grenzen stoßen.
  • Integration in den Luftraum: AAM erfordert sichere Systeme für Luftraumüberwachung, Flugverkehrsmanagement und den Betrieb in U-Space oder vergleichbaren Korridoren.
  • Anwendungsfelder: medizinische Transporte, schnelle Warenlieferungen, Logistik und Notfalleinsätze, perspektivisch ggf. auch Personenbeförderung (Air Taxis).
  • Nachhaltigkeit: Durch elektrischen Antrieb und optimierte Flugrouten sollen Emissionen und Lärm reduziert werden.

In Deutschland und weltweit wird AAM noch stark erforscht und getestet, u. a. in Reallaboren, um rechtliche, technische und infrastrukturelle Rahmenbedingungen zu entwickeln.

U-Spaces

U‑Space ist ein EU-konzipiertes System, das den Luftraum für Drohnen (unbemannte Luftfahrtsysteme, UAS) sicherer und effizienter machen soll. Ziel ist es, Drohnenflüge insbesondere in dicht genutzten Gebieten wie Städten zu koordinieren, damit sie sicher neben bemannten Flugzeugen operieren können. U‑Space ermöglicht komplexere Drohneneinsätze, etwa automatisierte Inspektionen, medizinische Transporte oder Lieferungen und verbessert die Flugsicherheit durch Kollisionsvermeidung und eine bessere Übersicht über Drohnenbewegungen. Kernbestandteile sind die sogenannten U‑Space Service Provider (USSP), die Fluggenehmigungen erteilen, Luftraumdaten bereitstellen und die Betreiber koordinieren, sowie der Single Common Information Service Provider (Single CISP), der Luftraumdaten sammelt und zugänglich macht. In Deutschland wurden bereits Reallabore eingerichtet, unter anderem in Hamburg, um U‑Space-Dienste praktisch zu erproben. Das Bundesministerium für Verkehr (BMV) erarbeitet Rahmenbedingungen für die rechtliche, organisatorische und technische Umsetzung von U‑Space.

Das Konzept zur Einrichtung von U-Spaces ist hier einsehbar: Konzept Einrichtung von U-Spaces in Deutschland

Digitale Plattform Unbemannte Luftfahrt

dipul („Digitale Plattform Unbemannte Luftfahrt“) ist die zentrale Online-Plattform für den Betrieb unbemannter Luftfahrtsysteme in Deutschland und dient als umfassende Informations- und Servicequelle für Drohnenpilotinnen und -piloten, Behörden und andere Akteure. Sie stellt die relevanten Rechtsgrundlagen, insbesondere zu geografischen Gebieten nach § 21h LuftVO, übersichtlich bereit und bietet ein interaktives Kartenwerk, in dem Flugbeschränkungen, Schutzbereiche, Kontrollzonen, sensible Infrastruktur sowie weitere luft- und naturschutzrechtliche Zonen dargestellt sind. Ergänzend liefert dipul aktuelle Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes, um die Flugplanung zu unterstützen, sowie eine Geo-Schnittstelle (WMS), über die Karteninformationen in externe Anwendungen eingebunden werden können. Darüber hinaus umfasst die Plattform Hinweise zu Registrierungspflichten, Qualifikationsnachweisen, Genehmigungsverfahren und weiteren organisatorischen Anforderungen. Insgesamt erleichtert dipul damit die sichere, transparente und rechtskonforme Durchführung von UAS-Flügen und stärkt den einheitlichen Zugang zu wichtigen Informationen im deutschen Luftraum.

Die Plattform dipul wurde von der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH im Auftrag des BMV entwickelt.

Die wichtigsten Informationen zur sich anschließenden Projektpräsentation sind nachfolgend zusammengefasst:

 

ADAM – Advanced Airspace Mapping

Das vom Bundesministerium für Verkehr (BMV) im Rahmen des mFUND geförderte Forschungsprojekt ADAM – Advanced Airspace Mapping verfolgt das Ziel, die Grundlagen für eine sichere, skalierbare und zertifizierbare Nutzung des unteren Luftraums durch unbemannte Luftfahrtsysteme (UAS) zu schaffen. Der Projektzeitraum erstreckt sich von September 2023 bis August 2026, Koordinator ist das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI in Dresden.

Im Zentrum steht die Entwicklung einer dreidimensionalen, semantisch angereicherten Luftraumrepräsentation, die als Basis für automatisierte Flugplanung, Flugüberwachung und operationelle Sicherheitsanalysen dienen soll. Das System basiert auf der Idee, die klassische „On-Board-Sensorik-zentrierte“ Wahrnehmung durch eine umgebungsbasierte, vorverarbeitete Datengrundlage zu ergänzen. Dadurch können unbemannte Luftfahrtsysteme (UAS) auf geprüfte 3D-Karten zugreifen, die bereits Hindernisse, Geländeformen und wichtige aktuelle Luftrauminformationen enthalten – eine sogenannte „Map-based Perception“, bei der das System seine Umgebung nicht nur mit Sensoren wahrnimmt, sondern zusätzlich auf detailliertes Kartenwissen zurückgreift.

Technologisches Konzept

Das Kernkonzept von ADAM besteht in der Erzeugung sogenannter Voxelkarten (Volumetric Pixel Maps). Diese Karten bilden die Umgebung in Form eines 3D-Rasters ab, bei dem jede Voxelzelle (Volumenelement) Informationen über physikalische Objekte und semantische Attribute enthält. Dazu gehören u. a. die Klassifikation (z. B. Gebäude, Vegetation, Leitungen), geometrische Merkmale (z. B. Höhe, Ausdehnung), Materialeigenschaften (z. B. reflektierende oder absorbierende Oberflächen) sowie Unsicherheitsmetriken.

Die Erstellung dieser Karten erfolgt durch eine multisensorielle Datenerfassung. Zum Einsatz kommen sowohl Luftsensorplattformen (z. B. Drohnen mit LiDAR-Scannern und RGB-Kameras) als auch bodenbasierte Sensormodule und existierende Geodatendienste (z. B. Geländemodelle, Katasterdaten, OpenStreetMap). Die Datenströme werden anschließend durch ein mehrstufiges Data-Fusion-Framework verarbeitet. Dabei kommen Verfahren der Simultaneous Localization and Mapping (SLAM), der Bayes’schen Sensordatenfusion sowie KI-gestützter Objekterkennung zum Einsatz.

Ziel ist es, aus heterogenen Datenquellen eine konsistente 3D-Darstellung der Umgebung zu rekonstruieren, die sowohl geometrisch präzise als auch semantisch vollständig ist. 

KI-basierte Annotation und semantische Modellierung

Ein wesentlicher Innovationsaspekt von ADAM ist die automatische Annotation der Karten mittels künstlicher Intelligenz. Hierbei werden neuronale Netze, insbesondere Convolutional Neural Networks (CNNs) und 3D-U-Net-Architekturen, eingesetzt, um Objekte in den Sensordaten zu erkennen und klassifizieren.

Ein Beispiel: Ein LiDAR-Scan erfasst Punktwolken, aus denen zunächst Flächen und Strukturen extrahiert werden. Ein trainiertes Modell erkennt dann charakteristische Muster (z. B. Dachformen, Vegetationshöhen, Masten) und weist sie semantischen Klassen zu. Diese werden mit zusätzlichen Kontextdaten (z. B. aus GIS-Systemen oder Luftfahrtinformationsdiensten) angereichert. Das Ergebnis ist eine semantische 3D-Szene, die nicht nur die physische Umgebung abbildet, sondern auch für Flugsteuerungsalgorithmen interpretierbar ist.

Darüber hinaus werden Unsicherheitsmetriken berechnet, um die Zuverlässigkeit der kartierten Informationen zu quantifizieren. Diese Informationen sind essenziell für sicherheitskritische Anwendungen wie automatisierte Flugpfadberechnung oder „geo-fenced“ Zonenmanagement im U-Space.

Integration in U-Space und UTM-Systeme

Die im Rahmen von ADAM generierten Daten werden nicht isoliert betrachtet, sondern in bestehende UAS Traffic Management (UTM)-Infrastrukturen integriert. Dabei arbeitet insbesondere die Droniq GmbH an der Schnittstelle zwischen den ADAM-Daten und der operationellen Luftraumüberwachung.

Ziel ist es, die 3D-Karten als Geo-Awareness-Service in das U-Space-Service-Ökosystem einzubetten. Das bedeutet, dass Piloten und automatisierte Flugsteuerungssysteme Zugriff auf ein dynamisch aktualisiertes 3D-Modell des Fluggebiets erhalten. Dieses Modell kann u. a. folgende Informationen enthalten:

  • Hindernisverteilungen und Sicherheitsabstände,
  • temporäre Sperrflächen und Flugverbotszonen,
  • Luftverkehrsstrukturen (z. B. Korridore, U-Space Volumes),
  • Wettereinflüsse und Funkabschattungen.

Technisch wird hierfür eine standardisierte REST-API entwickelt, über die autorisierte Nutzer Kartendaten in Echtzeit oder Near-Real-Time abrufen können. Für die Datensynchronisation kommen Georeferenzierungs- und Versionierungsmechanismen zum Einsatz, die sicherstellen, dass alle Akteurinnen und Akteure stets auf konsistente Datensätze zugreifen.

Demonstratoren und Validierung

Ein Schwerpunkt der Projektarbeit liegt auf der praktischen Validierung der Technologie. Hierzu werden reale Flugversuche mit autonomen Drohnenflügen Beyond Visual Line of Sight (BVLOS) durchgeführt. Dabei wird untersucht, wie präzise und zuverlässig die Karteninformationen zur Hindernisvermeidung und Navigationsunterstützung beitragen können.

Die Tests umfassen u. a. folgende Szenarien:

  • autonome Inspektionsflüge entlang von Infrastrukturen (z. B. Stromtrassen, Bahnlinien),
  • Navigationsmanöver in urbanen Umgebungen mit hoher Hindernisdichte,
  • operationelle Sicherheitsbewertungen (Specific Operations Risk Assessment – SORA) auf Basis von ADAM-Kartendaten,
  • Integration von ADAM-Karten in bestehende Flight Management Systeme (FMS) und Ground Control Stations (GCS).

Parallel dazu wird eine Softwareplattform für das Kartenmanagement entwickelt, die Funktionen zur Datenfusion, Aktualisierung, Qualitätsprüfung und Distribution bietet.

Partner und Kompetenzen

Das Konsortium besteht aus folgenden Partnern:

  • Das Fraunhofer IVI verantwortet die Gesamtkoordination sowie die Systemarchitektur und Validierung.
  • Continental Automotive Technologies GmbH entwickelt Sensorschnittstellen und Datenverarbeitungsmodule für mobile Plattformen.
  • Droniq GmbH integriert die Ergebnisse in bestehende UTM- und U-Space-Dienste.
  • Die Technische Universität München (TUM) erforscht Navigationsstrategien, SLAM-Algorithmen und probabilistische Flugplanung.
  • Sedenius Engineering GmbH, BIT Technology Solutions GmbH, PKTEC Pauli & Kayser Ingenieurgesellschaft mbH, Airclip Service GmbH & Co. KG und Autonom Elektrisch Fliegen gGmbH übernehmen Aufgaben in den Bereichen Softwareentwicklung, Sensorintegration und Testbetrieb.

Bedeutung und Ausblick

Während heutige Drohnen stark auf Echtzeit-Sensorik angewiesen sind, können zukünftige Systeme auf kontextuelle Karteninformationen zugreifen, die durch kontinuierliche Datenerfassung und KI-gestützte Aktualisierung immer präziser werden.

Dadurch eröffnen sich erhebliche Vorteile:

  • Erhöhte Betriebssicherheit, da Redundanzen zwischen On-Board- und Off-Board-Daten entstehen.
  • Zulassungserleichterungen, da standardisierte Kartenformate in sicherheitsrelevante Nachweise (z. B. SORA) eingebunden werden können.
  • Effizienzgewinne, weil Flugrouten planbarer und risikoärmer werden.
  • Grundlage für Urban Air Mobility, da skalierbare Infrastruktur entsteht.

Die Projektübersicht ist hier einzusehen: ADAM | Daten+ oder BMV - ADAM Advanced Airspace Mapping

Ergänzende Veranstaltungen

In der 21. mCAST-Folge steht der U-Space im Mittelpunkt: Henri Meeß (Fraunhofer IVI) und Dr. Jan Dirks (BMDV) erläutern den aktuellen technischen Stand, Forschungsfortschritte aus dem mFUND-Projekt ADAM sowie rechtliche und technische Herausforderungen des unbemannten Flugverkehrs. Zudem wird die europäische U-Space-Initiative, ihre Bedeutung für Deutschland und mögliche gesellschaftliche Anwendungen wie Inspektionen oder Medizintransporte vorgestellt. Ein zentraler Befund der Folge ist, dass in Deutschland noch rechtliche Grundlagen fehlen, der U-Space jedoch langfristig den Weg für autonomen oder hochautomatisierten Luftverkehr ebnen dürfte.

Die Aufzeichnung ist hier abrufbar: mCAST Folge 21 | Daten+

Wissenswertes zu mPACT

mPACT, das Begleitforschungsprogramm des mFUND, organisiert verschiedene Veranstaltungsformate, um geförderte Projekte zu vernetzen, ihre Ergebnisse sichtbar zu machen und den Austausch in der Mobilitäts- und Datencommunity zu stärken. Dazu gehören der monatliche Kickoff Wednesday, bei dem neue Projekte ihre Ideen vorstellen, die digitale Dialogreihe mPACT-PulseTalk mit Impulsvorträgen zu aktuellen Mobilitätsthemen sowie vertiefende Fachaustausche und Workshops wie der mFUND-Shorttrack. Ergänzt wird das Angebot durch den Podcast mCAST, der zentrale Trends und Forschungserkenntnisse rund um datenbasierte Mobilität beleuchtet.

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Porträt von Dr. Nadine Teusler, Netzwerkmanagerin, mit Brille und schwarzem Blazer, freundlich lächelnd vor verschwommenem Hintergrund.

Dr. Nadine Teusler

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