Aus unserem BLOG • Von Holger Last, Siemens Mobility GmbH • März 2023

Automatisierung und Vernetzung auf der Schiene

Die Mobilität ist heutzutage vor große Herausforderungen gestellt. Die zunehmende Urbanisierung verstärkt die Verschiebung der Beförderung von der Straße hin zur Schiene. Gleichzeitig ist aber bereits jetzt ein zukünftiger Mangel an ausgebildeten Zugführern absehbar. Um dieses Problem zu lösen, können Innovationen und Automatisierungsprozesse die Lösung sein. Gerade bahnspezifische Technologiekonzepte für assistiertes Fahren und fahrerlose Züge und Straßenbahnen bieten hierfür großes Potential.

Lösung für viele Herausforderungen

Die Mobilität entwickelt sich stetig weiter. Selbst fahrende Autos, Shuttle-Busse und LKWs fordern die Attraktivität des Schienenverkehrs heraus. Um die Anforderungen der Fahrgäste an Pünktlichkeit, Flexibilität, Kapazität und Nachhaltigkeit optimal zu erfüllen und wettbewerbsfähig zu bleiben, benötigt es neue Lösungen für Fern-, Regional- und Straßenbahnbetreiber.

Der assistierte und fahrerlose Zugbetrieb ist sicherlich Teil dieser Lösung. Kollisionswarnsysteme beispielsweise gewährleisten eine hohe Sicherheit. Das Kollisions-warnsystem Siemens Tram Assistant als Fahrerassistenzsystem wird bei Straßenbahnen in Den Haag, Ulm, Bremen und Kopenhagen eingesetzt. Es schützt Fahrgäste, andere Verkehrsteilnehmer und das Fahrzeug selbst vor Kollisionen und entsprechenden Schäden und erhöht damit die Sicherheit für alle Beteiligten.

Wie der assistierte und fahrerlose Zugbetrieb die Zukunft des Schienenverkehrs gestaltet

Der Einsatz von fahrerlosen Zügen ist ein großer Schritt in die Digitalisierung und Automatisierung des Zugbetriebs. Siemens erforscht deshalb in verschiedenen Projekten zusammen mit Partnern und Betreibern Technologien und Lösungen für das assistierte und vollautomatische Fahren auf der Schiene. Einige werden im Folgenden vorgestellt

Abb.: Kollisionswarnsystem für den assistierten und fahrerlosen Zugbetrieb

AStriD – die autonome Straßenbahn im Depot

Das Forschungsprojekt AStriD („Autonome Straßenbahn im Depot“) startete im Oktober 2019. Gemeinsam mit Siemens Mobility arbeiten die Verkehrsbetriebe Potsdam GmbH (ViP), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) und die Codewerk GmbH an einem vollautomatisierten Straßenbahndepot. Im Rahmen der Förderrichtlinie Modernitätsfonds („mFUND“) wird das Projekt auch vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert.

„AStriD ist der nächste große Meilenstein auf dem Weg zur autonom fahrenden Straßenbahn. Zusammen mit unseren Partnern nutzen wir wertvolle Synergien, um den Betriebshof zu digitalisieren und zeitintensive Rangierprozesse zu reduzieren. Mit der Depotautomatisierung können wir unsere Kunden noch besser dabei unterstützen, eine nachhaltige Wertsteigerung über den gesamten Lebenszyklus sicherzustellen und Verfügbarkeiten zu garantieren”, so Albrecht Neumann, CEO Rolling Stock von Siemens Mobility.

Die Umsetzung des Forschungs- und Entwicklungsprojekts erfolgt auf dem Betriebshof des Verkehrsbetriebs Potsdam. Ziel ist die Entwicklung eines digitalen Betriebshofes auf Basis einer autonom fahrenden Tram. Autonome Servicefahrten durch eine Waschanlage zu einem Abstellgleis demonstrieren die technische Machbarkeit. Mittelfristig soll die Depotautomatisierung als eine erste Stufe des autonomen Fahrens kommerziell nutzbar gemacht werden.

Safe.trAIn – Sichere KI am Beispiel fahrerloser Regionalzug

Das safe.trAIn Förderprojekt stellt sich den Herausforderungen von künstlicher Intelligenz im Bahnverkehr. Die konventionelle Automatisierungstechnik allein wird für einen vollautomatisierten Bahnbetrieb nicht ausreichen. Um diese Lücke zu schließen, soll das Potential der künstlichen Intelligenz neu ausgeschöpft werden.

In einem Konsortium aus Technologiezuliefern, Forschungseinrichtungen sowie Normungs- und Prüforganisationen erarbeiten unsere Experten Ansätze und Rahmenbedingungen, um die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz mit den Sicherheitsbetrachtungen des Schienenverkehrs zu verbinden. Ziel ist es, die bis jetzt ungelöste Herausforderung, nämlich die Verknüpfung von KI-Verfahren mit den Anforderungen und Zulassungsprozessen im Bahnumfeld, erfolgreich zu lösen.

Basierend auf den Anforderungen an die Sicherheitsnachweisführung werden Prüfmethoden und -werkzeuge für KI-basierte Methoden für den Einsatz in einem fahrerlosen Regionalzug entwickelt und anschließend in einem virtuellen Testfeld validiert und verifiziert. Der Projektfokus liegt hierbei auf KI basierten Funktionen für die Objekterkennung.

BerDiBa – Schaffung einer Grundlage für den vollautomatischen Betrieb

Der Weg hin zu einem vollautomatischen Bahnbetrieb bringt viele Herausforderungen mit sich. Ein Baustein auf diesem Weg dorthin ist das Forschungsprojekt BerDiBa (Berliner Digitaler Bahnbetrieb). In enger Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin, dem Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, dem Heinrich-Hertz-Institut, dem Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS), Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin, ITQ GmbH, Teraki GmbH, Televic Rail GmbH und neurocat GmbH werden die Kerntechnologien für das (voll-)automatisierte Fahren auf der Schiene erforscht und getestet. Im Zentrum steht vor allem das Testen unter realen Bedingungen, um beispielsweise das Erkennen von Hindernissen im Gleis oder die Gefährdung von Fahrgästen im Zug gewährleisten zu können. Das Projekt wird zu 50% durch das Land Berlin gefördert und auch die EU tritt als Kofinanzierer auf, so dass das Gesamtprojekt bis 2024 auf sicheren Beinen steht.