Foto: Institut für Regelungstechnik, RWTH Aachen

Aus unserem BLOG • Von Melina Vogler, RWTH Aachen University • Juni 2024

Die Bedeutung der Binnenschifffahrt – Arbeitskreis „Wasser“ traf sich in Aachen

Das konstituierende Treffen des Arbeitskreises „Wasser“ am 18.06.2024 sorgte für spannende Diskussionen zur Zukunft der automatisierten und vernetzten Mobilität des Verkehrsträgers. Gemeinsam wurde über die Herausforderungen und Chancen der Maritimen- und Binnenschifffahrt reflektiert und die relevantesten Punkte in diesem Nachbericht verschriftlicht.

Ein wichtiges Ziel des Treffens war die Identifikation kritischer und wichtiger Themengebiete, in denen eine Vernetzung und Diskussion zwischen den Beteiligten unabdingbar ist, um den Standort NRW gezielt in der Forschung und Entwicklung von automatisierter und vernetzter Mobilität auf dem Wasser zu unterstützen. Hauptthema war diesmal die Binnenschifffahrt. Ergänzt wurden die Diskussionspunkte durch einen Impulsvortrag von Dr. Moritz Brake von NEXMARIS zur Bedeutung der maritimen Sicherheit und Innovation.

Diese Themenfelder wurden identifiziert und besprochen:

1. Güter: Wasserstraßen als kritische Transportwege

Die Binnenschifffahrt spielt eine zentrale Rolle als Verbindungselement in der globalen Handelsinfrastruktur. Über Wasserstraßen wird eine direkte Verbindung zum Meer und damit zum Welthandel geschaffen. Diese Verknüpfung ermöglicht es, Waren effizient und kostengünstig zu transportieren, was für die wirtschaftliche Stabilität und den Handel unerlässlich ist.

Die Bedeutung der Wasserstraßen für den Güterverkehr kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ein Ausfall der Binnenschifffahrt hätte dramatische Folgen: 182,4 Millionen Tonnen Güter werden pro Jahr auf Binnenwasserstraßen transportiert. Ein Ausfall würde zu Versorgungsengpässen führen. Dies unterstreicht die Rolle der Binnenschifffahrt als essenzieller Wirtschaftsträger. Trotz ihrer zentralen Bedeutung wird die Binnenschifffahrt in der Gesellschaft und Politik oft nicht genug Gewicht zugeschrieben.

2. Umwelt: Ökologische Bedeutung der Binnenschifffahrt

Wasserstraßen sind nicht nur Transportwege, sondern auch wertvolle Lebensräume. Der Rhein dient beispielsweise als Trinkwasserreservoir, dessen Schutz von größter Bedeutung ist. Die Schifffahrt bietet zudem eine umweltfreundlichere Alternative zu anderen Transportmitteln, da ihre CO₂-Bilanz geringer ausfällt.

Jedoch steht die Binnenschifffahrt vor ökologischen und klimatischen Herausforderungen. Bis 2050 wird Wasserknappheit zu einem Problem werden, da die derzeitige Tiefe vieler Schiffe zu groß ist. Dies erfordert innovative Lösungen und Anpassungen im Schiffsbau, um die Nachhaltigkeit und Effizienz der Binnenschifffahrt zu gewährleisten. Zusätzlich muss darauf geachtet werden, dass Wasserstraßen als Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten erhalten bleiben.

3. Testfelder: Notwendigkeit von Standards und Regularien

Für die Weiterentwicklung der Binnenschifffahrt sind geeignete Testfelder unerlässlich. Derzeit fehlen jedoch klare Standards, und bürokratische Hemmnisse in Deutschland erschweren die Testung autonomer Systeme. Diese sind oft nur durch Ausnahmegenehmigungen möglich, was den Fortschritt bremst. Es müssen echte Testfelder geschaffen werden, die nicht nur in abgelegenen Gebieten oder im Ausland liegen, sondern auch in Deutschland verfügbar sind.

Bei der Durchführung von Tests muss darauf geachtet werden, dass keine Gefährdungen entstehen, da dies die technische Entwicklung langfristig behindern könnte. Eine transparente und unterstützende Regulierung ist notwendig, um den Fortschritt zu fördern und gleichzeitig die Sicherheit zu gewährleisten.

4. Autonomie in der Binnenschifffahrt: Technologischer Rückstand und Projektlandschaft

Obwohl es viele Projekte gibt, liegt die Technologie der Binnenschifffahrt derzeit 10-15 Jahre hinter anderen Verkehrstechnologien zurück. Noch wird nirgendwo tatsächlich autonomes Fahren betrieben, obwohl dies erhebliche Effizienzgewinne durch die hohen Transportmengen ermöglichen könnte. Diese Chancen bietet der Einsatz von automatisierten und vernetzten Verkehrsmitteln:

  • Veränderungen im Arbeitsmarkt

Der Einsatz autonomer Systeme wird zu einer Verlagerung der Tätigkeiten führen. Handwerkliche Aufgaben werden abnehmen, während die Fernüberwachung, Entwicklung und Wartung zunehmen werden. Der Einsatz autonomer Systeme könnte langfristig auch zu Kraftstoffeinsparungen führen, jedoch ist noch unklar, ob diese Einsparungen die Kosten für neue Technologien und die Umschulung von Personal ausgleichen werden.

  • Effizienz und Wirtschaftlichkeit

Die Einführung autonomer Systeme in der Binnenschifffahrt könnte zu signifikanten Effizienzgewinnen führen. Durch die Automatisierung von Prozessen und die Reduzierung des Personalbedarfs in bestimmten Bereichen könnten Kosten gesenkt und die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden. Dies würde die Binnenschifffahrt noch attraktiver machen und ihre Rolle im globalen Handel weiter stärken.

Fazit

Die Binnenschifffahrt ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Transportsystems, der sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile bietet. Um ihre Zukunft zu sichern sind Innovationen, geeignete Testfelder und ein Bewusstsein für ihre Bedeutung in der Gesellschaft und Politik notwendig. Nur durch gemeinsame Anstrengungen können die Herausforderungen gemeistert und die Potenziale dieser wichtigen Verkehrsträger voll ausgeschöpft werden.

Eine sehr wichtige Erkenntnis des Treffens war, dass es viele Maritime- und Binnenakteure in NRW gibt, aber noch nicht genügend Vernetzung oder Austauschformate, um sie zusammen zu bringen. Viele Veranstaltungen thematisieren lediglich die Mobilität in Küstenregionen. Die Vernetzung durch innocam.NRW ist daher von großer Wichtigkeit.

Die Zusammenarbeit und der Austausch von Ideen werden entscheidend sein, um innovative Lösungen zu entwickeln und die Binnenschifffahrt fit für die Zukunft zu machen. Wir freuen uns auf die weiteren Arbeitskreistreffen und spannende Diskussionen, um gemeinsam die Zukunft der Binnenschifffahrt zu gestalten und voranzutreiben.

Sie möchten sich im Arbeitskreis „Wasser“ einbringen und mitdiskutieren? Dann sprechen Sie uns unter info@innocam.nrw gerne an!