Aus unserem BLOG • Von Christian Frowein, innocam.NRW • März 2024

Fahrerloser Schienenverkehr im ländlichen Raum: Eine Revolution in der Mobilität?

In ländlichen Gebieten stehen Einwohner immer wieder vor Herausforderungen in Bezug auf ihre eigene Mobilität. Lange Wartezeiten auf öffentliche Verkehrsmittel, sowohl Bus als auch Bahn, lassen die Option der kostspieligen und emissionsintensiveren individuellen Fortbewegung zur einzig realistischen Alternative werden. Traditionelle Schienenverkehrssysteme können hier eine Lösung darstellen. Wurde das Angebot für Schienenpersonennahverkehr in der Fläche in der Vergangenheit noch als kostspielig und unrentabel immer weiter zurückgefahren, was wiederum zur Verringerung der Attraktivität geführt hat, ist dieser Trend durch vermehrte Reaktivierungen stillgelegter Eisenbahnstrecken bereits umgekehrt worden. Im Falle einer Einführung innovativer Technologien wie dem fahrerlosen Schienenverkehr könnte sich das Mobilitätsangebot noch drastischer weiterentwickeln.

Die Einführung des fahrerlosen Fahrens im Schienenverkehr hat nicht nur einen positiven Einfluss auf die Flexibilität und die Intensität des schienengebundenen Verkehrs, sondern auch auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebs ländlicher Strecken, insbesondere auch Reaktivierungsstrecken. Durch den Wegfall von Triebfahrzeugführern kann zudem dem grassierenden Personalmangel in diesem Berufszweig begegnet werden, der in den kommenden Jahren nach Prognosen der Deutschen Bahn voraussichtlich immer gravierender wird.

In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf zwei wegweisende Projekte, die diese Zukunft des fahrerlosen Schienenverkehrs beflügeln möchten und beide im Land Nordrhein-Westfalen beheimatet sind: das Monocab-System der Hochschule OWL und der an der RWTH Aachen entwickelte Aachener Rail Shuttle.

Monocab

Monocab ist ein Projekt, das darauf abzielt, den Schienenverkehr im ländlichen Raum niederschwelliger nutzbar zu machen. Es basiert auf einem innovativen Konzept von autonomen Einzelkabinen, die sich entlang eines Schienennetzes bewegen und dabei als kreiselstabilisierte Einschienenbahn jeweils eine einzelne Schiene eines Gleises nutzen. Auf diese Weise könnte auf einer eingleisigen Strecke ein Zweirichtungsbetrieb realisiert werden.

Anders als herkömmliche Züge, die an festen Fahrplänen gebunden sind, ist es das Ziel, die Monocab-Kabinen auf Abruf anfordern zu können (on-demand Verkehr). Dies bedeutet, dass sich für Bewohner ländlicher Gebiete Wartezeiten auf den nächsten Anschluss verkürzen. Sie können über eine mobile App eine Kabine rufen und sich zum gewünschten Ziel bringen lassen.

Aachener Rail Shuttle

Im Verbundprojekt mit 5 kleineren sowie global agierenden Industrieunternehmen entsteht an der RWTH Aachen der Aachener Rail Shuttle. Mit dem linienbusgroßen Schienenbus wird hier ein leichtes, flexibles, energieautarkes und lokal emissionsfreies Schienenfahrzeug für den Personenverkehr in der Fläche entwickelt. Die autonom fahrbaren Einheiten erlauben einen kostengünstigen und umweltfreundlichen Verkehr, insbesondere auf nicht elektrifizierten Nebenstrecken.

Der Aachener Rail Shuttle, ein wegweisendes Projekt im Bereich des fahrerlosen Schienenverkehrs, verkörpert dieses zukunftsweisende Konzept. Durch sein modernes Umfelderkennungs- und Fahrwegüberwachungssystem sowie das im Vergleich zu herkömmlichen Schienenfahrzeugen deutlich überlegene Bremsvermögen bietet der Schienenbus eine hohe aktive Sicherheit. Dies wird durch Energieverzehreinheiten unterstützt, um die passive Sicherheit zu gewährleisten.

Luftfedern und eine voll klimatisierte Leichtbaukabine mit großen Fenstern und Türen bieten einen bisher nicht üblichen hohen Komfort für die Fahrgäste. Alle technischen Versorgungssysteme sind modular aufgebaut und befinden sich im Chassis. Wird die Kabine mit ihrer Sekundärfederung abgenommen, so ist das Chassis perspektivisch auch als selbstfahrender Containertragwagen einsetzbar.

Der Aachener Rail Shuttle steht damit nicht nur für ein Transportmittel, sondern als Symbol für die Zukunft der Mobilität im ländlichen Raum. Durch seine Flexibilität, Effizienz und Umweltfreundlichkeit stellt er eine nachhaltige Alternative zum Individualverkehr dar und trägt dazu bei, die Anbindung ländlicher Gemeinden bedeutend zu verbessern. Das Fahrzeug wird als Demonstrator bereits gebaut und soll noch im Jahr 2024 der Öffentlichkeit präsentiert und ersten Testfahrten auf abgesperrter Strecke unterzogen werden.

Fazit

Der fahrerlose Schienenverkehr hat das Potenzial, die Mobilität im ländlichen Raum grundlegend zu verändern. Projekte wie Monocab und der Aachener Rail Shuttle zeigen, dass durch innovative Technologien und Konzepte eine nachhaltige und effiziente Alternative zum Individualverkehr angeboten werden kann. Durch die Integration von Systemen zur Automatisierung und die Nutzung lokal emissionsfreier Antriebe können diese Projekte nicht nur zur Verbesserung der Mobilität, sondern auch dazu beitragen, die Umweltbelastung zu reduzieren und so die Lebensqualität in ländlichen Gemeinden zu steigern. Es ist an der Zeit, solcherlei Vorhaben durch die Etablierung regulatorischer Rahmenbedingungen in die Anwendung zu bringen, um eine zukunftsfähige und nachhaltige Mobilität für alle zu gewährleisten.

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