
Aus unserem BLOG • Von Miriam Mathein, Stadtmarketing- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Dormagen mbH • April 2025
Forschung trifft Stadtplanung – Wie das Projekt CityPlanner Mobilität und Umwelt vernetzt
Mit dem Forschungsprojekt CityPlanner werden entscheidungsunterstützende Anwendungen für eine nachhaltige und integrierte Stadtentwicklung in Dormagen geschaffen. Mithilfe der Verknüpfung von bestehenden urbanen Datensätzen und der dynamischen Erfassung von Verkehrs- und Umweltdaten wird eine präzise Planung von Maßnahmen zur Optimierung urbaner Mobilität ermöglicht.
Planung verkehrstechnischer Maßnahmen auf Grundlage von Echtzeitdaten
Die Mobilitätswende erfordert einen grundlegenden Wandel urbaner Mobilität und den Ausbau von Infrastrukturen zugunsten des Umweltverbundes. Um diese Herausforderung zu meistern, ist eine fundierte Datenbasis unerlässlich, die jedoch in vielen Kommunen, wie auch in Dormagen, aufgrund knapper Ressourcen nicht existiert. Eine derartige Datenbasis ermöglicht es, verkehrstechnische Maßnahmen gezielt zu planen, zu evaluieren und anzupassen. Im Rahmen des mFUND-Projekts CityPlanner werden Lösungen zur Integration von Sensordaten in kommunale Planungsprozesse erarbeitet.
Das Projekt wird von der Stadtmarketing- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Dormagen geleitet, in Zusammenarbeit mit 4traffic SET GmbH, dem Lehrstuhl und Institut für Städtebau der RWTH Aachen University und der dataMatters GmbH. Der Projektzeitraum erstreckt sich von August 2023 bis Juli 2026, das Gesamtprojektvolumen beträgt 2,7 Millionen Euro.
Umwelt- und Verkehrsdaten aus einer Box
Zunächst werden mit den Akteurinnen und Akteuren der integrierten Stadtentwicklung in Dormagen, darunter das Mobilitätsmanagement, Anwendungsfälle zur Integration der Daten in Planungsprozesse erdacht. Daraufhin wird ein Messnetz aus 100 Sensorboxen errichtet. Die verwendeten Sensorboxen sind in der Lage, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, CO2-Werte, Feinstaubbelastung und Lärmpegel zu messen. Darüber hinaus erfasst die Technik auch, wie viele Menschen zu Fuß unterwegs sind und wie viele Fahrräder, Autos und Lastwagen die Stadt durchqueren. Diese Daten werden über das LoRaWAN an die urbane Datenplattform von Dormagen übermittelt und dort visualisiert. Auf diese Weise können sowohl städtische Bewegungsmuster als auch Umweltdaten in Echtzeit erfasst werden, was eine detaillierte Analyse und eine fundierte Planung ermöglicht.
Die Sensorboxen bieten eine skalierbare und standortflexible Lösung. Der große Vorteil dieser Technologie liegt in der Möglichkeit, verschiedene Datenquellen zu kombinieren und dadurch ein umfassendes Bild der städtischen Mobilität und Umwelt zu erhalten. Die Technologie ermöglicht es, Echtzeitdaten kostengünstig zu sammeln und effizient zu verarbeiten, ohne auf teure und komplexe Systeme angewiesen zu sein.

Ein weiteres zentrales Element des Projekts ist die urbane Datenplattform (UDP). Bislang fehlte eine geeignete Datenplattform, die stadt- oder verkehrsplanerische Anwendungen unterstützt und eine einfache Zugänglichkeit der benötigten Daten gewährleistet. Die Erweiterung der UDP in Dormagen zielt darauf ab, eine skalierbare und standardisierte Plattform zu schaffen, die erstmals die Verarbeitung von Zeitreihendaten ermöglicht. Mit der Weiterentwicklung der UDP wird eine interoperable Datenplattform geschaffen, die es ermöglicht, Daten aus verschiedenen Quellen zu aggregieren. Gleichzeitig werden sektorale Datensilos aufgelöst und die Datenbasis dynamisch fortgeschrieben, sodass sie stets aktuell und für die Anwendungsentwicklung nutzbar ist.
Strategisch fokussiert – mit Sensordaten zur smarten Verkehrsplanung
Sensordaten bilden die Grundlage für präzise und fundierte Entscheidungen in der Stadtentwicklung. In Dormagen liefert die kontinuierliche und dynamische Erhebung von Verkehrsdaten an wichtigen Knotenpunkten der Stadt wertvolle Einblicke in das Verkehrsaufkommen und die Verteilung von Mobilitätsströmen. Durch die zeitlich hoch aufgelöste Datenerfassung lassen sich spezifische Muster im Verkehrsverhalten identifizieren – etwa die Schwankungen in Pendlerströmen oder saisonale und tageszeitabhängige Veränderungen. Auf dieser Basis können Schwachstellen im bestehenden Verkehrssystem erkannt und gezielte Maßnahmen zur Optimierung des Verkehrsflusses sowie zur Verbesserung der Luftqualität entwickelt werden. Besonders Luftqualitätsdaten leisten hierbei einen wichtigen Beitrag, da sie verkehrsbedingte Emissionen sichtbar machen und helfen, deren Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit zu bewerten. So können beispielsweise Empfehlungen zur Vermeidung stark belasteter Routen ausgesprochen oder zur Reduktion von Umweltbelastungen auf Teilstrecken beitragen.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die fortlaufende Evaluation bereits umgesetzter Maßnahmen. Mithilfe der Sensordaten lässt sich die Nutzung neuer Infrastrukturen, wie etwa Fahrradstraßen, kontinuierlich beobachten und bewerten. Diese Echtzeitinformationen bieten eine verlässliche Grundlage, um Wechselwirkungen zu untersuchen oder nachzusteuern, wenn die angestrebten Effekte nur teilweise realisiert werden. So werden etwa Hindernisse für eine stärkere Fahrradnutzung oder unerwartete Verkehrsverlagerungen frühzeitig sichtbar und können gezielt adressiert werden.
Die Potenziale der Datenauswertung gehen jedoch über die reine Beobachtung hinaus. Ein besonderer Mehrwert liegt in der Fähigkeit, langfristige Veränderungen im Mobilitätsverhalten zu erkennen und darauf aufbauend zukunftsweisende Konzepte zu entwickeln – etwa zur Förderung der Elektromobilität oder für bedarfsgerechte Carsharing-Modelle, die durch eine passgenaue Infrastrukturplanung unterstützt werden.
Enabler auch für automatisierte und vernetzte Mobilitätskonzepte
Nicht zuletzt bilden diese Daten auch das Fundament für die Entwicklung automatisierter und vernetzter Mobilitätslösungen. Echtzeitinformationen ermöglichen eine flexible Verkehrssteuerung, die sich dynamisch an das aktuelle Geschehen anpasst – etwa durch intelligente Ampelschaltungen oder adaptive Umleitungsstrategien, die den Verkehrsfluss optimieren und Emissionen reduzieren. Auch neue Mobilitätsangebote wie Carsharing oder E-Fahrzeuge profitieren: Dank datenbasierter Planung können Ladeinfrastrukturen bedarfsgerecht ausgebaut und Fahrzeuge effizient verteilt werden.
Perspektivisch lässt sich so der starre Betrieb auf festen Routen ergänzen – zugunsten flexibler, individueller Mobilitätslösungen, die sich in Echtzeit an die Bedürfnisse der Stadt und ihrer Bewohnerinnen und Bewohnern anpassen. Davon profitieren auch autonome Linienbusse: Durch die Kombination von Verkehrsdaten, Umweltdaten und Bewegungsmustern kann der Betrieb automatisierter Fahrzeuge sicherer, effizienter und bedarfsgerechter gestaltet werden. Autonome Busse können ihre Routen flexibel anpassen oder bei geringer Nachfrage kleinere Fahrzeuge einsetzen. Gleichzeitig verbessert sich durch die Anbindung an eine zentrale, vernetzte Datenplattform auch die Koordination mit anderen Verkehrsträgern, was eine nahtlose multimodale Mobilität ermöglicht.
Bildnachweise: @ SWD Dormagen