Aus unserem BLOG Von Carolin Grams, innocam.NRW • Mai 2024

KoTAM – Veranstaltungsreihe zum Projekt „Koordinierung der Testfelder Autonome Mobilität in Deutschland“

Die Veranstaltung im Überblick

Am 11.04.2024 lud das Projekt „Koordinierung der Testfelder Autonome Mobilität in Deutschland“ (KoTAM) in Kooperation mit innocam.NRW und dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr zur Diskussion „Vernetzung und Automatisierung des Mobilitätssystems im ländlichen Raum“ nach Düsseldorf ein. Neben der Präsentation des Status quo im Projekt und weiteren spannenden Vorträgen zur Zukunft der Testfelder gab es ein World Cáfe Format mit verschiedenen Thementischen. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten mit Expertinnen und Experten aus den jeweiligen Bereichen über verschiedene Problemstellungen und aktuelle Themen diskutieren.

Thementisch Luft: „Welche gesellschaftlich relevanten Einsatzmöglichkeiten bieten Drohnen im ländlichen Raum?“

In der ersten Diskussionsrunde wurde eine Unterteilung der Einsatzmöglichkeiten hinsichtlich der Zeitkritikalität in Ad-hoc- und Langzeiteinsätze herauskristallisiert. Konkret wurde als Ad-hoc-Einsatzmöglichkeiten die Unterstützung von Rettungseinsätzen mit Luftbildern genannt. Insbeson­dere die Überprüfung vorhandener Rettungsgassen auf der Anfahrt zu einem Einsatz durch vorausfliegende Drohnen ist hier besonders nützlich.

Weiterhin ist der Einsatz vor allem für die Überwachung großflächiger Gebiete wie kritische Infrastrukturen, land- und forstwirtschaftliche Flächen hilfreich. Zum Beispiel für die Lang­zeitdatenerfassung von kritischen Gebieten. Mit Hilfe von Modellen können Umwelt­katastrophen wie das Hochwasser im Ahrtal zukünftig genauer vorhergesagt werden, um rechtzeitig notwendige Maßnahmen einzuleiten. Aber auch der Transport von Gütern durch Drohnen wurde als sehr relevant erachtet. Neben dem Transport von Lebensmitteln für nicht mobile Menschen im ländlichen Raum können auch medizinische und andere hochwertige Expressgüter schnell, umweltfreundlich und kostengünstig per Drohne transportiert werden.

In der zweiten Diskussionsrunde wurde die Leitfrage mit Fragen der Zertifizierung und den konkreten Herausforderungen bei der Zulassung von unbemannten Luftfahrtsystemen vertieft. Dabei kam die Erkenntnis, dass gerade bei der Zulassung die Automatisierung in der Luft viel von der Automatisierung auf der Straße lernen kann und umgekehrt. So sind die Begrifflichkeiten in der Luftfahrt sehr klar und überwiegend in englischer Sprache definiert, was auch grenzüberschreitende Zulassungen vereinfacht. Zusätzlich ist eine Klassifizierung der Systeme nach Gewicht und daraus klar abgeleitete Systemanforderungen für einen entsprechend autonomen Betrieb vorhanden. Auf der anderen Seite ist der Automatisierungs-grad in der Fahrzeugtechnik insbesondere im innerstädtischen Betrieb technisch bereits sehr weit fortgeschritten. Hier ist ein weiterer Austausch in der Zukunft sicherlich sehr fruchtbar.

Thementisch Schiene – „Wie kann die Automatisierung und Vernetzung bei der Reaktivierung von Bahnstrecken im ländlichen Raum berücksichtigt werden?“

In dieser Workshopgruppe wurde herausgearbeitet, dass Reaktivierungen von Eisenbahnstrecken über viele Interessens­gruppen hinweg als überaus positiv wahrgenommen werden. Der sogenannte „Modal Split“ – das sind die prozentualen Anteile der einzelnen Verkehrsmittel an der gesamten ⁠Verkehrsleistung⁠, die Aufschluss über die Verkehrsmittelnutzung und den damit zurückgelegten Kilometern pro Person oder Tonne geben – spielt dabei für die Teilnehmenden des Workshops zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern eine entscheidende Rolle. Grundsätzlich werden der hohe Komfort und die Klimaverträglichkeit von Eisenbahnfahrzeugen als hoch eingeschätzt.

Durch die konsequente Einbeziehung von Automatisierungslösungen, wie dem Einsatz fahrerloser Fahrzeuge, in der Planung von Reaktivierungen im ländlichen Raum, können aus Sicht der Workshopgruppen die Potenziale hinsichtlich höherer Taktung, höherer Zuverlässig­keit sowie attraktiverer wirtschaftlicher Gestaltung des Betriebs gehoben werden. Auch wird das Fehlen eines Triebfahrzeugführers für das Sicherheitsgefühl in dieser Stichprobe nicht als störend wahrgenommen. Als potenzielles Hindernis wird jedoch die recht umfassende Regulatorik im Eisenbahnwesen angesehen.

Thementisch Straße – „Kann ein langfristiger Betreib von AVM-Testfeldern sichergestellt werden kann und ist das überhaupt sinnvoll?“

In den vergangen Jahren wurden verschiedenste Testfelder für die Entwicklung und Erprobung der automatisierten und vernetzten Mobilität aufgebaut, doch sollten diese auch über eine initiale Projektlaufzeit hinaus betrieben werden? Zunächst wurden die verschiedenen Typen von Testfeldern identifiziert: Testfelder intelligenter Infrastruktur, automatisierter Shuttles, Teststrecken, oder natürlich auch die Kombination aus allem. Unterschiedliche Testfelder erfüllen unterschiedliche Zwecke, insofern ist auch jedes Testfeld seinen ganz eigenen Chancen und Herausforderungen in Bezug auf einen langfristigen Betrieb unterworfen.

Letztendlich zielen aber alle Testfelder darauf ab, automatisierte und vernetzte Mobilität in seinen verschiedenen Facetten in den öffentlichen Dauerbetrieb zu bringen. Die Rolle vieler synergetischer und möglichst offener Testfelder haben wir auf dem Weg dahin als zentral angesehen, deren Betrieb durch fortlaufende finanzielle Unterstützung, Identifizierung wirtschaftlicher Anreize und Abbau bürokratischer Hürden weiterhin gefördert werden sollte.

Thementisch Wasser – „Wo stehen wir und was brauchen wir?“

wurden mit den Teilnehmenden verschiedene Themen diskutiert und dabei folgende Ergebnisse erzielt: In Bezug auf die Frage, was die Binnenschifffahrt von der KFZ-Branche lernen kann, wurden mehrere wichtige Punkte identifiziert, insbesondere hinsichtlich der Standardisierung. Die Bedeutung der frühzeitigen Harmonisierung von Gesetzen wird betont. Zum Beispiel hat Deutschland in der KFZ-Branche teilweise eine Vorreiterrolle eingenommen. Auch die Notwendigkeit eines Risikomanagements, also Maßnahmen zur Risikominimierung des Zustands und die Erstellung eines umfassenden Katalogs von Gefahren und Risiken, wurde diskutiert.

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Akzeptanz neuer Funktionen, wobei die Einbeziehung aller relevanten Zielgruppen – von Schiffsführern über Logistiker bis hin zu Reedereien – sowie der Karrierewechsel als Treiber für Akzeptanz hervorgehoben wurden. Es wurde angeregt, einen Paradigmenwechsel von reinen Fahrzeugbedienenden hin zu Problemlösern anzustreben. Auch Sicherheitsfeatures wie verpflichtende Sicherheitssysteme und eine zentrale Leitstelle wurden diskutiert, da die kontroverse Natur dieser Maßnahmen betont wurde und klare Konzepte zur Überwachung gefordert wurden. Trotz dieser Diskussionen wurde festgestellt, dass der aktuelle Stand der Lage nicht klar ersichtlich ist.

Wie geht es weiter?

Alle Impulse aus der Veranstaltung werden im Netzwerk innocam.NRW aufgenommen und in den Arbeitskreisen Luft, Schiene, Straße und Wasser weiterbewegt. Interessenten, die gern in den Arbeitskreisen Themen einbringen und formen möchten, sind jederzeit herzlich willkommen. Interessensbekundungen empfangen wir gern per Mail an info@innocam.nrw.

Im nächsten Blogbeitrag berichten wir ausführlich über den Thementisch Akzeptanz „Der Mensch als zentraler Akteur der AVM (Automatisierte und Vernetzte Mobilität)“, der ebenfalls auf der Veranstaltung gut besucht wurde und viele interessante Aspekte hervorbrachte.