Aus unserem BLOG • Von Manuel Weniger, Stadt Iserlohn • Juni 2023

Möglichkeiten und Grenzen automatisierten Fahrens im öffentlichen Straßenverkehr – a-BUS Iserlohn

Das Projekt, das im Juli 2020 im sauerländischen Iserlohn an den Start ging, untersucht im Rahmen des Förderprogramms „Digitale Modellregionen NRW“ den Einsatz von automatisiert fahrenden Fahrzeugen zur Personenbeförderung im Zusammenwirken mit intelligenten Lösungen für Kommunikation, Energieversorgung und Logistik in einer Pilotanwendung mit wissenschaftlicher Begleitung. Neben der intelligenten Vernetzung der Systeme sollen dabei unter realistischen Nutzungsbedingungen die Aspekte Systemverfügbarkeit, Nutzerakzeptanz und Systemflexibilität mit Blick auf mögliche neue Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit automatisiert fahrenden Fahrzeugen im ÖPNV analysiert werden.

Getestet wird das automatisierte Fahren auf einer rund 1,5 Kilomater langen Strecke zwischen dem Stadtbahnhof Iserlohn und dem Hochschulcampus der Fachhochschule Südwestfalen. Zwei automatisierte Kleinbusse ergänzen hier bedarfsorientiert das ÖPNV-Angebot (On-Demand Verkehr). Bei diesen kurzen Strecken mit geringem Fahrgastaufkommen und/oder für die Anbindung der „Letzten Meile“ dient es als spezifisches Mobilitätsangebot im ländlichen Raum bzw. als Quartierslösung. So kann ein erster Einstieg in „neue und innovative“ Mobilitätsformen für die Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Wirtschaft erzielt werden.

Konzentration auf die zentralen Forschungsfragen

Unter der Projektkoordination der Stadt Iserlohn konzentrieren sich die beteiligten Partner aus Forschung und kommunaler Wirtschaft – die Fachhochschule Südwestfalen, die MVG Märkische Verkehrsgesellschaft GmbH und die Stadtwerke Iserlohn GmbH – darauf, fundierte Erkenntnisse und Antworten auf folgende Forschungsaspekte zu liefern, die den Akteuren im Bereich der Fahrzeugbeschaffung und des öffentlichen Straßenverkehrs als zuverlässige Entscheidungshilfe bei geplanten Vorhaben dienen:

  • Anforderungsprofile für die Beschaffung von Fahrzeugen:
    – Erfassung der Mobilitätsanforderungen, einschließlich relevanter Kennzahlen
    – Berücksichtigung technischer Anforderungen an die Fahrzeuge
    – Analyse der Anforderungen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)
    – Erstellung einer Marktübersicht über verfügbare Fahrzeuge
  • Anforderungsprofile für ein ressourceneffizientes Energiemanagement:
    – Planung von Ladepunkten für die Fahrzeuge
    – Integration und Nutzung dezentral erzeugter Energie
    – Ermittlung von Parametern zur effizienten Energieplanung
  • Anforderungsprofile für eine digitale Betriebsführung:
    – Untersuchung des klassischen Leitstellen-Betriebs im ÖPNV
    – Integration automatisiert fahrender Fahrzeuge in das Betriebssystem
    – Entwicklung eines Benutzerinformationssystems für Fahrgäste
  • Möglichkeiten und Grenzen eines automatisierten Betriebs im öffentlichen Straßenverkehr:
    – Untersuchung neuer Anforderungen für die Personenbeförderung bei einem autonomen Betrieb (Level 4 und 5)
    – Analyse der technischen Eigenschaften und rechtlichen Rahmenbedingungen für den zukünftigen autonomen Betrieb
  • Möglichkeiten und Grenzen eines wirtschaftlichen Betriebs sowie ausgewählter Anwendungsszenarien:
    – Kostenanalyse für den Betrieb des öffentlichen Straßenverkehrs
    – Analyse der Einflussfaktoren auf die Wirtschaftlichkeit

Basis für die erfolgreiche Umsetzung: Effektive Zusammenarbeit der Partner und externen Akteure – Erkenntnisse entlang des Projektzeitplans

Im Rahmen des Projektes kommen zwei Fahrzeuge zum Einsatz. Ein Fahrzeug wurde von der Fachhochschule Südwestfalen, das zweite von der Märkischen Verkehrsgesellschaft GmbH beschafft. Da beide Fahrzeuge im Linienverkehr des ÖPNV eingesetzt werden und ebenfalls als Grundlage für die wissenschaftliche Begleitung dienen, war eine intensive Abstimmung bei der Erstellung eines übergreifenden Anforderungsprofils erforderlich, das in einem gemeinsamen Lastenheft mündete.

Für die Erlangung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 StVZO mussten von Seiten eines amtlich anerkannten Sachverständigen die Fahrzeuggutachten erstellt werden, die mit dem Standortbewertungsbericht (Site Assessment Report – SAR) des Fahrzeugherstellers und dem Beschilderungsplan der örtlichen Verkehrsbehörde Grundlage für das Streckengutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen waren. Erst im Anschluss konnte die Ausnahmegenehmigung von der Bezirksregierung ausgestellt werden.

Auch die Erstellung eines gemeinsamen Fahrzeug-Anforderungsprofils sowie die Erlangung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 StVZO erforderten einen intensiven Austausch, zu denen auch diverse Vor-Ort-Termine an der Fahrtstrecke gehörten.

Es hat sich zudem als sehr wichtig herausgestellt, dass nicht am Projekt unmittelbar Beteiligte (z. B. Bezirksregierung, amtlich anerkannter Sachverständiger, Kreispolizeibehörde) frühzeitig über die Projektvorhaben informiert und beteiligt werden. Darüber hinaus hat der intensive Erfahrungsaustausch mit Projektverantwortlichen anderer Mobilitätsprojekte dazu beigetragen, dass Arbeitspakete wesentlich schneller bearbeitet werden konnten.

Der Regelbetrieb der automatisiert fahrenden Kleinbusse hat im Oktober 2021 begonnen. Seitdem haben technische Probleme an den Fahrzeugen zum zeitweisen Einstellen des Fahrbetriebes geführt. Bei der Abwicklung von Support-Fällen sowie der Behebung von Fahrzeugschäden waren lange Reaktionszeiten beim Fahrzeughersteller erkennbar.
Der Testbetrieb sowie der Regelbetrieb im automatisierten Modus haben gezeigt, dass die Sensorik der Fahrzeuge sehr empfindlich reagiert und somit zukünftig eine regelmäßige Grünpflege der neuralgischen Punkte entlang der Fahrtstrecke erforderlich sein wird.

Sowohl die Verbesserung der Support-Fall-Abwicklung, als auch die Weiterentwicklung der Fahrzeug-Software und Fahrzeug-Hardware erfordern eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem Fahrzeughersteller und dessen Zulieferfirmen.

Vorstellung der Ergebnisse – Abschlussevent am 16. Juni 2023

Am 16.06.2023 hat die Abschlussveranstaltung des „a-BUS Iserlohn – New Mobility Lab“ am Campus der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn stattgefunden. Hier haben die Mitglieder des Projektkonsortiums interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem Bereich der Mobilität die Ergebnisse aus drei Jahren intensiver Projektarbeit vorgestellt. Zum Teilnehmerkreis gehörten Mitglieder des Ministeriums für
Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung NRW (Fördermittelgeber), des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW sowie des Forschungszentrum Jülich und zahlreiche Projektakteure anderer innovativer Mobilitätsprojekte. Zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern entstand ein reger Austausch zu unterschiedlichen Mobilitätsthemen.

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Am 6. Juli berichtete Prof. Andreas Nevoigt von der Fachhochschule Südwestfalen
online von den Herausforderungen und Ergebnissen des Projekts
„a-BUS Iserlohn – New Mobility Lab“.