
Vernetzte Mobilität: V2X-Kommunikation auf der Straße
Aus unserem BLOG • Von David Haberle, innocam.NRW • Mai 2025
Am 27.03.2025 informierten sich fast 30 Teilnehmende im Rahmen des digitalen innocam.STAMMTISCHES über den Marktbeobachtungsbericht des vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen geförderten innocam-Kompetenznetzwerks zum Thema „Vernetzte Mobilität: V2X-Kommunikation (Vehicle-to-Everything-Kommunikation) auf der Straße“. Einen Impuls für die weitere Diskussion gab Lukas Zanger, Leiter des Arbeitskreises Straße des Kompetenznetzwerks innocam.NRW, Institut für Kraftfahrzeuge (ika), RWTH Aachen.
Die Vernetzung der Mobilität auf der Straße bietet viel Potential, den Verkehr sicherer und effizienter zu gestalten. Der Implementierung flächendeckender Vernetzung stellen sich jedoch vielschichtige Herausforderungen in den Weg, die Akteursgruppenübergreifend gelöst werden müssen. innocam.NRW verfolgt daher unter anderem mit dem Veranstaltungsformat der innocam.STAMMTISCHE das Ziel, die unterschiedlichen Akteursgruppen zusammenzubringen, den fachlichen Austausch zu ermöglichen und engagierten Stakeholdern Informationen bereitzustellen. Darüber hinaus wird in den Arbeitskreisen auch mögliche Lösungsansätze für die identifizierten Herausforderungen aufgegriffen und diskutiert.
Das 5-Ebenen-Modell
Referent Lukas Zanger präsentierte in seinem Vortrag zum Stammtisch den Status Quo hinsichtlich der Entwicklung von Technologien, Normen, Stakeholdern und Anwendungsbeispielen sowie das 5-Ebenen Modell.
Im 5-Ebenen-Modell verteilen sich die offenen Fragen bei der Implementierung von automatisierter und vernetzter Mobilität auf fünf Arten von Herausforderungen, die unterschiedliche Lösungsmechanismen haben. Diese Strukturierung hilft dabei, Fragestellungen oder einzelne Aspekte der Fragestellungen gezielt beantworten zu können, ohne die Interdependenz mit anderen Aspekten auf anderen Ebenen zu vernachlässigen. Die verschiedenen Lösungsmechanismen für gesellschaftliche, rechtliche, ökonomische, individuelle und technologische Fragestellung unterscheiden sich unter anderem auch darin, dass sie sich unterschiedlich schnell verändern bzw. umsetzen lassen.

Auf der gesellschaftlichen Ebene sind ungeschriebene Erwartungen, Normen und Regeln verankert, aus denen sich beispielsweise eine Skepsis gegenüber Sensoren im öffentlichen Verkehrsraum oder gegenüber der Souveränität über die gesammelten Daten ableiten lässt. Eine der Schlussfolgerungen daraus ist die Notwendigkeit von Orientierungshilfen für die Berücksichtigung ethischer Grundsätze bei der Gestaltung von Innovationen für automatisierte und vernetzte Mobilität. Beabsichtigte Veränderungen auf dieser Ebene können oft nur inkrementell realisiert werden. Weiterführende Informationen können Sie in diesem Bericht der Ethik-Kommission über das automatisierte und vernetzte Fahren nachlesen oder auf dieser Seite der Europäischen Union.
Auf der rechtlichen Ebene sind Regeln nach umfassender Abwägung der unterschiedlichen Interessen und Risiken in Gesetzen gegossen und bilden damit einen verlässlichen Rahmen für kurz- und mittelfristige wirtschaftliche Entscheidungen bei Herstellern, Mobilitätsanbietern oder Kommunen. Die festgelegten Regelungen wie etwa im Mobilitätsdatengesetz müssen dabei allgemeine Anwendbarkeit finden, also nach nachvollziehbaren Kriterien gestalten sein, die auf verschiedene Fälle anwendbar sind. Aufgrund der weitreichenden Berücksichtigung in Gesetzen sind diese oft leicht zu verändern. Nichtsdestotrotz sollten rechtliche Bedingungen, z. B. in der Verordnung zum autonomen Fahren (AFGBV) vor dem Hintergrund technologischer Entwicklungen kontinuierlich evaluiert werden. Die Teilnehmenden des Stammtischs nahmen auf dieser Ebene sowie auf der ökonomischen Ebene die aktuell größten Herausforderungen wahr.
Auf der ökonomischen Ebene geht es um die Gegenüberstellung von Kosten zu Nutzen. Kurzfristige wie langfristige Möglichkeiten und Herausforderungen müssen von allen wirtschaftlichen Akteuren in der Wertschöpfungskette vom Hersteller, Service Provider, Kommunen sowie Kunden beantwortet werden.
Auf der individuellen Ebene spielt das Verhalten der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmenden im Zusammenhang mit ihrem selbst gewählten Verkehrsmittel im Verhältnis zum Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer die wesentliche Rolle. Eine der zentralen Herausforderungen etwa in der Verkehrsplanung ist es, das intuitives Verständnis der Nutzenden zu ermitteln. Im Erfolgsfall können zum Beispiel die rechtzeitige Warnung vor Gefahrenstellen, intelligente Routenvorschläge oder die Priorisierung basierend auf bedarfsgerechter Schaltung von Lichtsignalanlagen realisiert werden, was zur Erhöhung der Sicherheit und Effizienz im Verkehr sowie der Attraktivität von Zufußgehen und Radfahren beitragen kann.
Auf technologischer Ebene müssen alle Anforderungen, die sich aus allen Ebenen ergeben, durch geeignete Lösungen und Methoden erfüllt werden. Technologische Entwicklungen können aber auch Veränderungen auf anderen Ebenen anstoßen. Es gibt beispielsweise Bemühungen um einheitliche C-ITS Standards wie ETSI ITS-Nachrichten und die Technologien ITS-G5 und C-V2X.
Den vollständige Marktbeobachtungsbericht, der sich neben den fünf Ebenen der Herausforderungen noch intensiv mit Technologien und Standardisierung auseinandersetzt sowie einen Überblick über Stakeholder, realisierte Anwendungen und Forschungsprojekte gibt, finden sie hier: Marktbeobachtung_Vernetzung
Anschließend an die im 5-Ebenen Modell vorgestellten Herausforderungen diskutierten die Teilnehmenden des innocam.STAMMTISCHs, welche Anwendungsfelder bzw. Einsatzbereiche mittels V2X-Kommunikation das größte Potential zu erwarten haben. Benannt wurden die Funktionen des Autonomen Fahrens, der ÖPNV, Verkehrspriorisierung und Verkehrssicherheit in absteigender Reihenfolge.
Bei weiteren Themen gibt es hingegen noch Diskussionsbedarf. Durch das Mobilitätsdatengesetzt sollen Mobilitätsdaten frei zugänglich sein. Gleichzeitig besteht auch ein Bedarf, ökonomische Modelle aus frei zugänglichen Mobilitätsdaten zu realisieren. Neben einer solchen Umsetzung müssen auch noch Fragen zum Dateneigentum geklärt werden, etwa wer Dateninhaber in welchem Anwendungsfall ist (Hersteller vs. Inhaber). Offen ist weiterhin auch die Frage, ob sich in Bezug auf die Kommunikationstechnologie eine Entwicklungslinie durchsetzen wird. Standardisierungen in diesem Bereich würden beispielsweise die Einführung kommunaler C-ITS Verkehrssysteme erleichtern.
Diese und weitere offenen Fragen werden im Rahmen des Arbeitskreises Straße weiter beleuchtet. Zu den aktuellen Schwerpunkten zählen außerdem:
- Anforderungen automatisierter und vernetzter Mobilität an die bestehende Infrastruktur erarbeiten
- Austausch zu Herausforderungen auf dem Weg zur flächendeckenden Einführung automatisierter und vernetzter Mobilität ermöglichen
- Bewertung der Marktfähigkeit von Systemen des automatisierten Fahrens
- Identifikation von Potentialen zur Unfallvermeidung durch Assistenzsysteme bei Fahrrädern
- Übersetzung der Gesetzgebung zu konkreten technischen Anforderungen
Bei Interesse zur Teilnahme am Arbeitskreise Straße senden Sie Ihre Interessensbekundung jederzeit an info@innocam.nrw.
Video-Mitschnitt des Vortrags
Sie haben ein anderes spannendes Projekt oder Studienergebnisse, die Sie gerne bei einem Stammtisch vorstellen möchten, oder Sie würden gerne mehr über ein Thema oder eine Fragestellung erfahren? Dann melden Sie sich einfach info@innocam.nrw, wir freuen uns über Vorschläge und Ideen!