Aus unserem BLOG • Von Melina Vogler, RWTH Aachen University • November 2024

Wie Automatisierung und Vernetzung die Zukunft der (Binnen-)Schifffahrt gestalten können

Erkenntnisse aus dem zweiten Arbeitskreistreffen

Am 8. November 2024 fand das zweite Treffen des Arbeitskreises Wasser statt. Im Fokus standen die Chancen und Herausforderungen der Automatisierung sowie die besonderen Anforderungen dieser Technologie an Infrastruktur, Kommunikation und Betrieb. Die lebhaften Diskussionen und der Vortrag boten spannende Einblicke und lieferten wertvolle Impulse für die nächsten Schritte.

Der Tag begann mit einer herzlichen Begrüßung durch Tim Reuscher vom Institut für Regelungstechnik, einer Vorstellungsrunde gefolgt von einer Einführung in das Projekt innocam.NRW und einer Zusammenfassung der bisherigen Diskussionsthemen. Dr. Georg Gellert, Mitglied des Landesarbeitskreises Wasser des BUND NRW beleuchtete die Auswirkungen der automatisierten Schifffahrt auf die Natur. Die anschließende Diskussion widmete sich den spezifischen Gegebenheiten der Binnenschifffahrt und zeigte sowohl Potenziale als auch Risiken auf.

Anschließend wurde eine erste Version des Impulspapiers „Manövrieren in die Zukunft: Vernetzte und automatisierte Mobilität in der Binnenschifffahrt“ vorgestellt. In der Diskussion kristallisierten sich zentrale Themen wie Testgebiete, Kommunikationsanforderungen und die Automatisierung als Antwort auf Personalmangel heraus. Der intensive Austausch setzte sich auch beim gemeinsamen Mittagessen fort, das Gelegenheit für informelle Gespräche und Netzwerken bot.

Schwerpunkte der Diskussion

Teil- oder Vollautonomie: Was ist realistischer?

Ein wesentlicher Diskussionspunkt war die Abwägung zwischen teilautonomen und vollautonomen Betriebsmodellen. Der Konsens der Teilnehmenden war, dass selbst bei teilautonomen Lösungen ein Mindestmaß an Crew auf dem Schiff verbleiben muss. Vollständig autonomer Betrieb erscheint neben technischen und regulatorischen Hürden insbesondere aber auch aufgrund der organisatorischen Gegebenheiten beim Beladen, Entladen und während der Wartung sehr kritisch.

Kommunikations- und Vernetzungsanforderungen

Die derzeitige Kommunikation zwischen Schiffen basiert auf Systemen wie AIS (Automatic Identification System) und analogem Funk. Zwar überträgt AIS Kurs- und Geschwindigkeitsdaten, jedoch bestehen deutliche Einschränkungen bei der Hinderniserkennung und Datenqualität. Ein Problem bleibt die manuelle Dateneingabe, die zu Fehlern führen kann. Daher ist AIS als stützendes System für die Autonomie fast nicht verwendbar. Nachfolgende Systeme müssen insbesondere verschlüsselt, authentifizierbar und resilient sein.

Automatisierung als Lösung für den Personalmangel

Die zunehmende Schwierigkeit, qualifiziertes Personal zu finden, wurde als zentrale Triebfeder für die Automatisierung genannt. Insbesondere die Kombination aus Automatisierung und Vernetzung könnte die Arbeitsbelastung reduzieren und den Beruf langfristig attraktiver machen. Dadurch kann zum einen die Crew reduziert und zum anderen ein Zuwachs an Nachwuchskräften gefördert werden.

Schlüsselerkenntnisse

  • Teilautonomie als realistischer Weg
    Vollautonomie bleibt aufgrund technischer, regulatorischer und finanzieller Hürden vorerst Vision.
  • Infrastruktur und Technik müssen kompatibel sein
    Die bestehenden Systeme müssen mit Automatisierungstechnologien harmonieren, um den finanziellen Aufwand gering zu halten.
  • Kommunikation bleibt ein Knackpunkt
    AIS benötigt Sicherheitsupgrades, analoge Systeme bleiben aber vorerst unverzichtbar.
  • Personalmangel als Innovationsmotor
    Automatisierung wird zunehmend als Lösung für die Personalproblematik betrachtet.

Nächste Schritte

Zukünftige Arbeitskreise sollen sich auf spezifische Themen wie die Verbesserung der Kommunikationsinfrastruktur oder die Integration von Automatisierung in Häfen fokussieren. Die Einladung von Expertinnen und Experten aus verwandten Bereichen wird die Diskussion bereichern und neue Perspektiven eröffnen.

Sie möchten sich im Arbeitskreis Wasser einbringen und mitdiskutieren? Dann sprechen Sie uns unter info@innocam.nrw gerne an!