Aus unserem BLOG • Von Sören Rahmann, Neue Mobilität Paderborn e.V. (NeMo e.V.) • November 2024

NeMo.bil – Ein schwarmbasiertes Mobilitätssystem für einen nachhaltigen, individualisierten Öffentlichen Verkehr (iÖV)

In ländlichen Regionen kann der ÖPNV sein Potenzial zur Umweltschonung bislang nicht ausschöpfen und häufig nicht wirtschaftlich betrieben werden. Geringe Besiedlungsdichten, mangelnde Erschließung und geringe Akzeptanz durch Wartezeiten und Umstiege führen zur Dominanz des motorisierten Individualverkehrs. Das Entwicklungsprojekt NeMo.bil widmet sich diesen Herausforderungen und verfolgt ein innovatives Mobilitätskonzept, das die Lücke zwischen geteilter, öffentlicher und privater und individueller Mobilität schließen und den Verkehr nachhaltiger machen soll.

Effizienz durch autonome und vernetzte Fahrzeuge – Konzept und Ziele von NeMo.bil

Mit zwei unterschiedlichen Fahrzeugtypen verfolgt NeMo.bil einen disruptiven Ansatz, der bislang nicht erreichbare Effizienzen ermöglicht. Das System sieht leichte, elektrisch-autonome und digital vernetzte Fahrzeuge (Cab) vor, die sich ausgehend von individuellen Startpunkten mit einem Zugfahrzeug (Pro) koppeln, um größere Distanzen im Konvoi zurückzulegen. In der Zielregion entkoppeln sie sich wieder und bringen Nutzende zu individuellen Endpunkten. Gesteuert und verwaltet wird dies von einem intelligenten digitalen Ökosystem.

Das Hauptziel des Projekts NeMo.bil ist die technologische Entwicklung und der prototypische Nachweis der Systemfunktionalitäten. Dabei sollen alle wesentlichen Systemkomponenten integriert und in einem realitätsnahen Umfeld getestet werden, um die Machbarkeit und Effizienz des Gesamtsystems zu demonstrieren.

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Technologische Synergien nutzen – Integration und Optimierung bestehender Systeme

In der Projektlaufzeit werden nicht alle Teilsysteme von Grund auf neu entwickelt und aufgebaut, sondern bestehende Lösungen der beteiligten Partner um die notwendigen Funktionalitäten erweitert und intelligent kombiniert.

Als Basis der Cabs dient die Fahrzeugplattform der Firma INYO Mobility GmbH. Die leichten Cabs sollen den Anforderungen einer gekoppelten Konvoi-Fahrt entsprechen und eigenständig (autonom) im Straßenverkehr agieren. Neben technischen Anpassungen, wie der Tragstruktur sowie Fahrwerks- und Lenkungsanpassungen, werden zusätzliche Funktionen und Komponenten in die Fahrzeuge integriert. Zum einen erhalten die Cab-Fahrzeuge eine Kopplungsschnittstelle für die Übertragung von Zuglasten sowie Energieströmen im Konvoi und zum anderen werden diese mit einem AD-System (Autonomous Driving–System) ausgestattet.

Auch das digitale Ökosystem spielt für den Erfolg des Projektes eine wesentliche Rolle. Im Kern soll eine digitale Plattform geschaffen werden, die eine Schnittstellenfunktion zu den Stakeholdern des Ökosystems übernimmt und Services für Nutzende und auch für Betreibende bereitstellt. Die Arbeiten zur Digitalen Plattform beinhalten die Entwicklung eines digitalen Abbilds des Gesamtsystems (d. h. digitaler Zwilling), einer nutzerzentrierten Steuerungs- und Betriebsplattform, intelligente Mehrzieloptimierungsalgorithmen zum effizienten Schwarmbetrieb (Systembetrieb) inkl. Lösungsverfahren als Planungs- und Optimierungsservices sowie Nutzerservices für das Schwarmkonzept.

Projektstand heute – Umsetzung für morgen mitdenken

Das Projekt NeMo.bil hat im Juli 2023 seine Arbeit aufgenommen und befindet sich derzeit in der Entwicklungsphase. Die Konzeptentwicklungsphase aller Teilsysteme ist abgeschlossen und es wurden bereits Prototypen von Teilsystemen sowie erste Cab-Fahrzeuge aufgebaut. Für die Umsetzung des Systems nach der Projektlaufzeit wurden in Zusammenarbeit mit Städten und Kommunen außerdem verschiedene Pilotanwendungen ausgearbeitet. Diese Anwendungen ermöglichen sowohl die einfache Einführung des Systems in definierten Regionen als auch die anschließende Ausweitung des Angebots zur Verbindung von Stadt und Land.

Barrierefreie Mobilität für alle

Mobilität für Alle Menschen, die deren soziale Teilhabe ermöglicht, steht im Fokus des Projekts – egal ob jung, alt, mit oder ohne Mobilitätseinschränkungen. Durch eine an den unterschiedlichen Bedarfen der Bevölkerung ausgerichtete Fahrzeugflotte und eine intelligente Steuerung können jederzeit speziell ausgestattete Cabs zur Verfügung gestellt und damit ein besonders hoher Grad an Inklusion ermöglicht werden.

Hierfür werden unter anderem barrierefreie Cabs entwickelt, die speziell auf die Bedürfnisse dieser Personengruppen zugeschnitten sind. Bereits in der Konzeptphase wurden die Anforderungen im direkten Austausch mit entsprechenden Interessensverbänden ermittelt und in detaillierten Anforderungslisten dokumentiert. Diese Listen dienen als Grundlage für die Entwicklung und Implementierung der barrierefreien Lösungen. Somit trägt NeMo.bil aktiv dazu bei, Barrieren abzubauen und die Integration aller Bürgerinnen in das gesellschaftliche Leben zu unterstützen. Durch zahlreiche öffentliche Veranstaltungen, in denen das NeMo.bil-System Bürgerinnen präsentiert und gemeinsam potenzielle Verbesserungen diskutiert werden, wird frühzeitig eine breite Akzeptanz für das System geschaffen.

Innovationsförderung für ein starkes Konsortium aus Industrie und Wissenschaft

NeMo.bil wird im Rahmen des Fachprogramms „Neue Fahrzeug- und Systemtechnologien“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit ca. 17 Millionen € gefördert (Gesamtvolumen 30,1 Millionen €) und ist am 01.07.2023 gestartet. Die Projektlaufzeit beträgt 3 Jahre.

Das Projektkonsortium umfasst 20 geförderte Partner aus Industrie und Wissenschaft:
Aspens GmbH, AVANCO Composites GmbH, Bulight GmbH, CADFEM Germany GmbH, CP Tech GmbH, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., dSPACE GmbH, FIWARE Foundation e.V., HOLON GmbH, INYO Mobility GmbH, LIA GmbH, Neue Mobilität Paderborn e.V., PHOENIX CONTACT E-Mobility GmbH, Poppe + Potthoff GmbH, Reisewitz GmbH & Co. KG, THA Augsburg, TH OWL, TU Dortmund, Universität Paderborn, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH.

Ausgezeichnet – Deutscher Mobilitätspreis 2024 in der Kategorie „Neue Mobilitätslösungen“

Das Projekt NeMo.bil wurde im Oktober mit dem Deutschen Mobilitätspreis 2024 (DMP) in der Kategorie „Neue Mobilitätslösungen“ ausgezeichnet. Eine hochkarätig besetzte Jury aus Industrie und Politik entschied über die Verleihung des Preises, den Bundesverkehrsminister Volker Wissing überreicht hat. (Abbildung 2 Deutscher Mobilitätspreis 2024)

Als Initiatoren des Projekts haben Prof. Dr. Thomas Tröster (Uni Paderborn, Lehrstuhl Leichtbau im Automobil) und Jonathan Behm (Neue Mobilität Paderborn e. V., NeMo Paderborn) den Preis in Frankfurt am Main entgegengenommen. Die Initiative NeMo Paderborn – wichtiger Treiber des Projektes NeMo.bil – hat sich insgesamt zum Ziel gesetzt, Mobilität, Energie und Digitalisierung ganzheitlich zu betrachten und Lösungen mit dem Menschen im Mittelpunkt auszuarbeiten. Mehr als 70 Netzwerk-Partner haben sich im Verein zusammengefunden, um Mobilität zwischen Stadt und Land neu zu denken. Der Neue Mobilität Paderborn e.V. versteht sich dabei als Initiator von Projekten, die auf das gemeinsame Ziel einzahlen.