DST e.V. © Dr.-Ing. Rupert Henn

SAFEBin: sichere Automatisierung und Fernüberwachung in der Binnenschifffahrt

Aus unserem BLOG • Von Tim Reuscher, innocam.NRW • September 2025

Ein Blick in die Zukunft der Binnenschifffahrt: Das Projekt zeigt Wege zur sicheren Automatisierung auf, liefert umfassende Risikobewertungen und öffnet mit praxisnahen Workshops den Weg zum vollautomatisierten Schiff.

Das vom Bundesministerium für Verkehr im Rahmen des Förderprogramms „Digitale Testfelder in der Wasserstraße (DTW)“ geförderte Projekt „SAFEBin – Methoden zur sicheren Ausgestaltung der Automatisierung und Fernüberwachung in der Binnenschifffahrt“ vereinte von November 2022 bis Juni 2025 Forschungspartner aus Wissenschaft und Industrie, um die Risikobewertung hochautomatisierter Schiffe und die Einführung sicherer Automatisierungslösungen voranzutreiben. Beteiligt waren unter anderem das Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e. V. (DST) in Duisburg als Projektkoordination, verschiedene Institute der Universität Duisburg-Essen (INAM, IMECH und SRS) sowie die RWTH Aachen. Ziel des Projekts war es, eine fundierte Basis für praxisorientierte Richtlinien zu schaffen, die die Zulassungsfähigkeit automatisierter und ferngesteuerter Schiffe in der Binnenschifffahrt gewährleisten sollen.

Forschungsschwerpunkte und Ergebnisse

Im Verlauf des Projekts wurden Methoden für eine detaillierte Unfalldatenanalyse entwickelt, die das bisherige Sicherheitsniveau konventioneller Schiffe erfassen und als Grundlage für die zukünftige Bewertung automatisierter Systeme genutzt werden können. Zudem wurden rechtliche Rahmenbedingungen und normgebende Vorgaben zusammengetragen, um potenzielle Anpassungsbedarfe im Hinblick auf ferngesteuerte und autonome Fahrfunktionen zu ermitteln. Darauf aufbauend konnten Risikomodelle und Nachweisverfahren konzipiert werden, die sich besonders mit den Themen Mensch-Maschine-Interaktion, Softwarezuverlässigkeit und situativen Risiken befassen. Diese Forschungsergebnisse sind wesentlich, um die schrittweise Umsetzung höherer Automationsstufen in der Binnenschifffahrt zu gestalten und die praktische Einführung in Übereinstimmung mit regulatorischen Vorgaben zu ermöglichen.

Abschlussworkshop in Duisburg: Einblicke und Ergebnisse

Am 8. Juli 2025 kamen die Projektpartner sowie weitere Interessierte in den Räumen des DST in Duisburg zusammen, um die Resultate von SAFEBin einem breiten Publikum vorzustellen. Die beteiligten Forschungseinrichtungen präsentierten zunächst ihre zentralen Ergebnisse, darunter Analysen zu bisherigen Unfallsituationen, zu aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen und zu Verfahren der Risikobewertung. Vertiefende Fachvorträge externer Expertinnen und Experten aus Norwegen und Deutschland ergänzten das Programm.

Sifis Papageorgiou von der Norwegian Maritime Authority stellte den MASS-Code vor, der als Gesetz bzw. als Richtlinie für Maritime Autonomous Surface Ships (MASS) der International Maritime Organization (IMO) dienen soll. Der MASS-Code ist unabhängig von der gewählten Automatisierungslösung, aber bezieht sich ausschließlich auf (autonome) Frachtschiffe. Zusätzlich soll nach diesem Gesetzesvorschlag immer eine menschliche Person die Verantwortung für ein autonomes Schiff tragen, wobei diese sich nicht auf dem Schiff befinden muss.

Daniel Fritz vom GDV berichtete über Überlegungen zum Versicherungsschutz automatisierter Binnenschiffe. So wurde vorgestellt, dass die Risiken und Versicherungsarten autonomer Schiffe in drei Kategorien eingeteilt werden können. Als Erstes kann die Schiffskaskoversicherung genannt werden, die bei physischen Schäden an der versicherten Sache oder an elektrischen Geräten aufkommt. Gegenüber der klassischen Schifffahrt steht dann noch die Protection & Indemnity im Vordergrund, da es sich hier um den Transportschutz des Schiffes handelt und hierbei offene Fragen bezüglich der Versicherung bei ferngesteuerten Schiffen bestehen. Zuletzt kann auch die Cyberversicherung genannt werden, die häufig in der Kaskoversicherung ausgeschlossen ist, jedoch mit speziellen Klauseln oder Produkten bereits heute versicherbar ist.

Workshop: Nächste Schritte zum automatisierten und ferngesteuerten Binnenschiff

Den Höhepunkt des Abschlussworkshops bildete eine ausführliche Diskussionsrunde zur Frage „Was sind die nächsten Schritte auf dem Weg zum vollautomatisierten und ferngesteuerten Binnenschiff?“. Es wurden drei Schlüsselbereiche (Verantwortung, Behördliche Vorschriften und Zulassungsvoraussetzungen) beleuchtet, in denen sich Chancen und Herausforderungen für den zukünftigen Schiffsverkehr abzeichnen. Der erste Schwerpunkt lag auf rechtlichen Verantwortlichkeiten und Versicherungsfragen, etwa hinsichtlich der Haftung zwischen Betreiber und Hersteller sowie der Absicherung von Risiken und Schadensfällen. Ebenso diskutierten die Teilnehmenden, wie die passenden Vorschriften entwickelt und auf europäischer Ebene vereinheitlicht werden können, damit automatisierte und ferngesteuerte Schiffe überhaupt offiziell zugelassen werden dürfen. Der dritte zentrale Punkt betraf den Sicherheitsnachweis und die Zulassungsvoraussetzungen, bei denen insbesondere praktische und simulationsbasierte Erprobungen, definierte Sicherheitslevel und klar definierte Fähigkeiten eines solchen Schiffes von wesentlicher Bedeutung sind.

Abschließend lässt sich festhalten, dass das Projekt SAFEBin wichtige Grundlagen für die sichere Einführung von automatisierten und ferngesteuerten Schiffen in der Binnenschifffahrt geschaffen hat. Zu den veröffentlichten Ergebnissen zählen beispielhaft die beiden Arbeiten „Three-Stage Predictive Warning System for Human Takeover in Automated Inland Vessels“ (2024) sowie „Takeover time: Requirements for highly automated inland vessels – First experimental-based results“ (2024). Interessierte können sich gerne an den Arbeitskreis Wasser wenden, um mehr über das Projekt zu erfahren oder eigene und weiterführende Ideen einzubringen.


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