
Aus unserem BLOG • Von Tim Reuscher, RWTH Aachen University • August 2025
Testfelder für die Binnenschifffahrt: Eindrücke vom 3. Arbeitskreistreffen „Wasser“
Am 25. Juni 2025 fand das dritte Treffen des Arbeitskreises „Wasser“ statt, das sich diesmal intensiv mit dem Thema „Testfelder für die Binnenschifffahrt“ befasste. Zwischen 9:00 Uhr und 12:00 Uhr kamen Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen zusammen, um den aktuellen Stand der Technik sowie mögliche Zukunftsperspektiven für den Automatisierungs- und Zulassungsprozess im Binnenschifffahrtssektor zu erörtern.
Dr.-Ing. Tim Reuscher eröffnete das Treffen mit einem Impulsvortrag zum Hauptthema „Testfelder für die Binnenschifffahrt“. Die Präsentation skizzierte kurz die verschiedenen Automatisierungsgrade in der Binnenschifffahrt und er ging auf aktuelle Zulassungsverfahren ein. Darüber hinaus wurden zusätzliche Genehmigungsoptionen vorgestellt. Besonders hervorgehoben wurde der Validierungsbedarf, den man effektiv mithilfe des V-Modells darstellen kann. Auf jeder Ebene des Entwicklungsprozesses sind Validierungen notwendig, die teils nur experimentell durchführbar sind. Dies unterstreicht auch die zentrale Rolle von Testfeldern, durch die es möglich ist, Systeme unter realen Bedingungen zu erproben und aussagekräftige Daten zu gewinnen.
Nach diesem Überblick stellte Valentina Himaj vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV) die aktuellen Aktivitäten des Landes im Bereich Schifffahrt und Häfen vor. Sie hob hervor, dass NRW bereits in der Anzahl und bezüglich der Fördersumme maßgeblich Projekte wie „HaFoLa“, „Smart & Green Ship“ (Forschungsschiff NOVA) oder „AutoBin“ fördert und damit Forschungsvorhaben unterstützt, welche die Entwicklung einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Binnenschifffahrt maßgeblich vorantreiben. Besondere Bedeutung hat dabei der Zusammenschluss „Perspektive nachhaltige Rheinschifffahrt 2030“ mit über 100 Akteuren aus den anliegenden Staaten, der für mehr Klimaschutz und Resilienz der Lieferketten den Anteil der Binnenschifffahrt im Güterverkehr deutlich erhöhen möchte.
Zudem wurde ein mögliches Testgebiet Rhein-Ruhr diskutiert, in dem automatisierte oder ferngesteuerte Binnenschiffe unter realen Bedingungen erprobt werden könnten. Dazu gilt es zunächst, rechtliche Rahmenbedingungen abzustimmen, bevor weitere Landes- und Bundesbehörden eingebunden werden. Die notwendigen Anpassungen der Hafeninfrastrukturen waren ebenso Thema. Dort unterstützt das MUNV aktiv.
Im Zentrum der Diskussionen stand die Erarbeitung eines Anforderungsdokuments für Testfelder in der Binnenschifffahrt. Die Beiträge für das Dokument wurden von den Teilnehmenden kollaborativ mittels geeigneter Whiteboards erarbeitet. Dabei wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, welche Erfahrungen bereits bei der Validierung innovativer Technologien gesammelt wurden. In einem gemeinsamen Brainstorming wurden daraufhin wesentliche Erkenntnisse festgehalten. So mangelt es an etablierten Teststandards, wodurch die Ergebnisse unterschiedlicher Studien und Projekte nur eingeschränkt vergleichbar sind. Viele Tests finden zudem in geschlossenen Umgebungen statt, was den Erkenntnisgewinn limitiert.
Auf Grundlage der durchgeführten Situationsanalyse formulierten die Teilnehmenden spezifische Anforderungen für zukünftige Testfelder. Im Zentrum steht die Forderung nach möglichst realitätsnahen Rahmenbedingungen: Je stärker ein Testfeld die tatsächlichen Gegebenheiten der Einsatzumgebung abbildet, desto höher ist die Aussagekraft und Übertragbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse. Ergänzend wurde der Bedarf nach einer zukunftsfähigen Infrastruktur hervorgehoben, die durch leistungsfähige Mess- und Monitoring-Technologien, zuverlässige Kommunikationssysteme sowie eine zentrale organisatorische Steuerung gekennzeichnet ist.
Im Zuge der intensiven Diskussion wurde festgestellt, dass die rechtliche Grundlage für derartige Testfelder weiterhin einer harmonisierten Abstimmung unterliegen muss. Hierbei ist der Bund für die Wasserstraßeninfrastruktur verantwortlich. Das MUNV steht in engem Austausch mit dem Bundesverkehrsministerium, um die Realisierung von Testfeldern zu unterstützen und Erleichterungen zu ermöglichen.
Die Teilnehmenden zeigten sich zuversichtlich, dass die bisherigen Erfahrungen mit Genehmigungsprozessen – insbesondere bei der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) – wertvolle Erkenntnisse liefern. Künftige Genehmigungsverfahren können dadurch maßgeblich beschleunigt werden.
Fazit
Abschließend betonten alle Beteiligten den hohen Stellenwert der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren. Wenn es gelingt, Testfelder effizient umzusetzen und aufeinander abzustimmen, können die Potenziale der Binnenschifffahrt als nachhaltiges Verkehrsmittel durch steigende Automatisierung ausgeschöpft werden. Ein grundsätzlicher Konsens lautet: Automatisierung und Vernetzung können Innovationen beschleunigen, sofern die technischen, rechtlichen und organisatorischen Anforderungen erfüllt sind.
Konkret sind die Akteure eingeladen, auf Grundlage des erarbeiteten Papiers die Umsetzung von Testfeldern (am Beispiel Rhein-Ruhr) anzugehen. Hierfür werden alle Stakeholder aufgerufen, Kontakt aufzunehmen, damit ihre Interessen berücksichtigt werden können.
Sie möchten sich im Arbeitskreis „Wasser“ einbringen und mitdiskutieren? Dann melden Sie sich jetzt zu unserem nächsten Arbeitskreistreffen am 28.08.2025 an. Das Treffen findet online statt und das Programm und Anmeldeinformationen finden Sie hier.