Aus unserem BLOG • Von Justyna Sedkowska, innocam.NRW • April 2024

Akzeptanz: eine zentrale Herausforderung für den Einsatz automatisierter Minibusse

Der öffentliche Verkehr spielt eine zentrale Rolle bei der nachhaltigen Verkehrsentwicklung. Autonome Minibusse und Shuttles versprechen eine Verbesserung der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit. Der Erfolg ihres Einsatzes hängt jedoch in hohem Maße von ihrer Akzeptanz ab. Dieser Artikel behandelt die neuesten Ergebnisse von Akzeptanzstudien und deren Auswirkungen auf die Zukunft autonomer Minibusse.

Klein aber fein

Autonome Minibusse sind kompakte Fahrzeuge, die für die Beförderung einer begrenzten Anzahl von Fahrgästen ausgelegt sind. Aufgrund ihrer geringen Größe sind sie flexibler. Sie können daher in verschiedenen Umgebungen eingesetzt werden, z. B. in Gebieten mit geringer Nachfrage oder in engen Straßen. Sie kommen ohne menschlichen Fahrer aus und erfassen ihre Umgebung und treffen Entscheidungen in Echtzeit mithilfe einer Kombination aus Sensoren, Kameras und Algorithmen der künstlichen Intelligenz. Im öffentlichen Nahverkehr sollen autonome Minibusse eine entscheidende Rolle spielen, insbesondere um die „last mile“ zu überbrücken. Sie sollen die Vernetzung in städtischen Gebieten verbessern und eine Ergänzung zu bestehenden Verkehrsnetzen sein. Außerdem könnten autonome Minibusse als On-Demand-Service eingesetzt werden,  was eine große Chance für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen darstellt.

In den letzten Jahren gab es in Deutschland zahlreiche Forschungsinitiativen zu autonomen Minibussen. Die Erprobung des autonomen Kleinbusses Emma in Mainz, die Testfahrten auf dem EUREF-Campus in Berlin-Schöneberg, die Erprobung in Bad Birnbach, das Projekt „Shuttles&Co“ in Berlin-Tegel oder das Projekt a-bus in Iserlohn sind nur einige Beispiele. Außerdem wird die erste autonome Busflotte Deutschlands in Monheim als reguläre Linie im ÖPNV betrieben. Hamburg unternimmt ernsthafte Schritte, um Kleinbusse in den öffentlichen Nahverkehr der Stadt zu integrieren. Ziel ist der Ersatz von 250.000 privaten Pkw in der Stadt. Zwischen 2019 und 2021 wurde das Forschungs- und Entwicklungsprojekt HEAT (Hamburg Electric Autonomous Transportation) entwickelt, um die neue Technologie des autonomen Fahrens zu erproben. Ab 2025 sollen Kleinbusse zunächst im Testbetrieb und ab 2027 im Regelbetrieb ohne Fahrer:in fahren. Diese Initiativen zeigen, dass Kleinbusse als eine praktikable Lösung für die ständig wachsenden Herausforderungen im Bereich der Mobilität angesehen werden.

Video: Hamburg Electric Autonomous Transportation (HEAT) Projekt

Suche nach der Akzeptanz

Akzeptanz prognostiziert die Wahrscheinlichkeit, dass eine Technologie von den Nutzenden angenommen wird. Eine breite Akzeptanz neuer Technologien ist daher entscheidend für eine erfolgreiche Einführung und Nutzung. Aus diesem Grund steht Akzeptanz im Mittelpunkt vieler Studien, die sich mit der potenziellen Nutzung von Minibussen befassen. Bala et al. (2023) haben eine Literaturübersicht veröffentlicht, in der die Ergebnisse von Studien zu autonomen Kleinbussen zusammengefasst wurden. Die Autoren:innen kamen zu dem Schluss, dass die Befragten bereit sind, einen Kleinbus zu benutzen. Die Bereitschaft nahm zu, nachdem sich die Befragten mit der Technologie vertraut gemacht hatten. Studien zeigen, dass viele Menschen sich vorstellen können, Shuttles in geschlossenen Einrichtungen wie Universitätsgelände, großen Fabriken oder Flughäfen oder in Gebieten mit schlechter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen zögern, ihren privaten PKW durch Minibusse zu ersetzen. Forscher:innen stellen außerdem immer wieder fest, dass Nutzer:innen den Minibus-Service als nützlich und attraktiv empfinden müssen, um ihn in ihr Mobilitätsverhalten zu integrieren und zu akzeptieren.

Bala et al. (2023) stellten fest, dass demografische Faktoren einen direkten Einfluss auf die Akzeptanz von Kleinbussen haben. Im Allgemeinen zeigen Männer sich positiver gegenüber der Technologie als Frauen. Die Autoren:innen schließen daraus, dass Frauen sich möglicherweise unsicher fühlen, wenn sie Fahrzeuge ohne die Aufsicht eines Fahrers mit Fremden teilen. Jüngere Befragte haben eine positivere Einstellung gegenüber der Technologie als ältere Erwachsene. Die Autoren glauben, dass dieser Effekt möglicherweise darin begründet liegt, dass ältere Menschen neuen Technologien gegenüber weniger aufgeschlossen sind und sie als schwierig zu bedienen empfinden.

Außerdem haben viele Studien gezeigt, dass Nutzer:innen Bedenken hinsichtlich der persönlichen Sicherheit in automatisierten Minibussen haben, insbesondere bei Nachtfahrten(Dong, DiScenna, & Guerra, 2019; Millonig & Fröhlich, 2018; Piao et al., 2016). Die Anwesenheit von Personal an Bord vermittelt den Teilnehmern:innen ein Gefühl der Sicherheit. Zusätzlich wird auch die technische Fahrzeugsicherheit oft in Frage gestellt. Die Menschen sind besorgt, wenn der Bus eine Straße mit anderen Verkehrsteilnehmern teilt, insbesondere wenn  Fußgänger:innen die Straße kreuzen müssen. Daneben nennen Studienteilnehmer:innen auch weniger spezifische Ängste wie beispielsweise Angst vor Arbeitsplatzverlust aufgrund einer zunehmenden Automatisierung.

Schlussfolgerungen

Autonome Fahrzeuge versprechen Verbesserungen bei der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Mobilität. Diesen Fortschritt Visionen stehen jedoch Skepsis hinsichtlich der Sicherheit, Zuverlässigkeit und gesellschaftlichen Auswirkungen entgegen. Studien zur Akzeptanz betonen daher die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Herangehensweise, die nicht nur technische, sondern auch soziale und demografische Faktoren berücksichtigt. Der Erfolg des flächendeckenden Einsatzes autonomer Minibusse wird letztendlich davon abhängen, wie gut die Bevölkerung diese Technologie annimmt und in ihren Alltag integriert. Es ist offensichtlich, dass Kommunen und Unternehmen sicherstellen müssen, dass die Kleinbusse den Bedürfnissen der Nutzer:innen entsprechen und einen hochwertigen Service bieten. Daher sollte die Dienstleistung unter Berücksichtigung vielfältiger Perspektiven, d.h. durch Einbezug verschiedener Nutzer:innen gruppen konzipiert werden. Das umfasst mindestens Personen unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlichen Alters sowie die Perspektiven der unterschiedlichen Rollen (z.B Fahrer:innen, Fahrgäst:innen und Instandhalter:innen, Verkehrsunternehmer:innen), um Sorgen und Ängsten zu begegnen und Vorteile deutlich kommunizieren zu können. Die persönliche Sicherheit (i.s. körperliche Unversehrtheit aber auch soziale Absicherung) ist der entscheidende Faktor für die Nutzer:innen Akzeptanz, der sorgfältig berücksichtigt werden muss. Insgesamt ist eine umfassende und bedarfsgerechte Gestaltung des Dienstes entscheidend, um eine breite Akzeptanz und Integration autonomer Minibusse in die Gesellschaft zu erreichen.

Akzeptanz ist nun stärker im Fokus bei innocam.NRW. Sprechen Sie uns gerne bei Fragen und aktuellen Themenstellungen an. Sie erreichen uns per Mail unter justyna.sedkowska@innocam.nrw oder telefonisch unter 0208 88 254 5136.

Quellen

  • Bala, H., Anowar, S., Chng, S., & Cheah, L. (2023). Review of studies on public acceptability and acceptance of shared autonomous mobility services: past, present and future. Transport Reviews, 43(5), 970–996. https://doi.org/10.1080/01441647.2023.2188619
  • Dong, X., DiScenna, M., & Guerra, E. (2019). Transit user perceptions of driverless buses. Transportation, 46, 35-50.
  • Millonig, A., & Fröhlich, P. (2018, September). Where Autonomous Buses Might and Might Not Bridge the Gaps in the 4 A’s of Public Transport Passenger Needs: a Review. In Proceedings of the 10th international conference on automotive user interfaces and interactive vehicular applications (pp. 291-297).
  • Piao, J., McDonald, M., Hounsell, N., Graindorge, M., Graindorge, T., & Malhene, N. (2016). Public views towards implementation of automated vehicles in urban areas. Transportation research procedia, 14, 2168-2177.